Österreichs Regierung und andere EU-Staaten haben Abfederungen für Betroffene eines No-Deal-Szenarios vorbereitet.
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London/Wien. Der No-Deal-Brexit, also der EU-Austritt des Vereinigten Königreichs ohne Abkommen mit Brüssel, hängt wie ein Damoklesschwert über der Insel. Während Premierministerin Theresa May vor einem Auseinanderbrechen des Königreichs im Falle eines Austritts ohne Deal warnt, laufen die Vorbereitungen auf dieses Worst-Case-Szenario in Europa auf Hochtouren - auch in Wien.
Für die Sitzung des Ministerrats heute, Mittwoch, wurden für beide Fälle - negative oder positive Abstimmung in London über den Deal mit der EU - über Großbritanniens Austritt Vorkehrungen getroffen. Europa-Minister Gernot Blümel und Außenministerin Karin Kneissl hatten für beide Fälle einen Entwurf für ein Sammelgesetz zu einem Maßnahmenpaket mit neun konkreten Punkten in der Schublade, deren Entwürfe der "Wiener Zeitung" vorliegen.
Österreicher sollen weiter in Großbritannien arbeiten dürfen
Die wichtigsten Punkte für Betroffene eines ungeordneten EU-Austritts sind, dass Österreicher, die vor dem Brexit im Vereinigten Königreich waren, "auch weiterhin dort arbeiten und leben können", wie es im Vortrag an den Ministerrat heißt. Betroffen davon sind rund 25.000 Österreicher in Großbritannien. Weiters wird klargestellt: "Die Bundesregierung wird im Sinne der Reziprozität für die in Österreich lebenden britischen Staatsbürger eine dementsprechende Lösung vorschlagen."
Sollten die Entwicklungen dies notwendig machen, werde im Bundeskanzleramt eine eigene Hotline eingerichtet. Dort stehen dann Experten für Auskünfte zur Verfügung. Darüber hinaus stellen Fachministerien und Sozialpartner auf ihren Webseiten einschlägige Informationen für Bürger und Unternehmen bereit. Österreicher in Großbritannien werden unter anderem von der Botschaft in London informiert.
Fix ist eine "Lenkungsgruppe Brexit" mit Vertretern von Regierung, Ländern, Gemeinden, Sozialpartnern und Nationalbank. Diese soll die Vorbereitungen auf ein "No-Deal-Szenario" leiten und Punkte für "zusätzliche innerstaatliche Maßnahmen, um die Auswirkungen eines ungeordneten Austritts bestmöglich abzufedern", festlegen.
Etwaige Mehrkosten der Maßnahmen müssen aus den laufenden Budgets der zuständigen Ministerien gezahlt werden. Überdies wird die Bundesregierung bei einem ungeordneten Austritt "umgehend" darüber beraten und etwaige weitere Maßnahmen beschließen.
Bürgerrechte vorerst Sache der einzelnen EU-Länder
Schlittert das Vereinigte Königreich am 29. März ohne Abkommen aus der EU, dann müssen auch die Bürgerrechte neu ausverhandelt werden. Bis dahin liegt es an den einzelnen Mitgliedstaaten, britischen Bürgern innerhalb ihrer Ländergrenzen Rechte einzuräumen.
Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlande haben bereits ihren Notfallplan für den Fall eines ungeordneten Brexit vorgestellt: Britische Staatsbürger dürfen vorerst weiter in diesen Mitgliedstaaten leben und arbeiten. Um langfristig bleiben zu können, müssen Briten allerdings eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung beantragen.
Entwarnung gibt es auch für Briten, die sich in Polen und Tschechien niedergelassen haben. Sie dürfen auch im Fall eines No-Deal Brexit in den beiden EU-Mitgliedstaaten leben und arbeiten - vorausgesetzt, dasselbe gilt auch umgekehrt für Polen und Tschechen im Vereinigten Königreich. In seinen Zugeständnissen an britische Staatsbürger ist Tschechien bisher von allen EU-Ländern am großzügigsten: Bis Ende 2020 gelten die rund 8000 Briten im Land nicht als Drittstaatsangehörige.
In der EU gelten die Vorbereitungen auf den Brexit ohne Abkommen nach wie vor als "Notfallplan". Den verbleibenden 27 Mitgliedstaaten wäre alles lieber als ein ungeordneter Austritt des Königreichs. Scheidet es ohne Abkommen aus der Europäischen Union aus, gibt es auf beiden Seiten nur Verlierer.