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270.000 Sozialhilfeempfänger sollen künftig unter der Bezeichnung Mindestsicherung monatlich zumindest 744 Euro bekommen. Für die einen ein längst notwendiger Akt der Solidarität mit den Schwächsten der Gesellschaft, für andere der Weg in die leistungsfeindliche Hängematte. Auch mir kamen zuletzt immer wieder Zweifel.
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Österreich hat sich in den vergangenen Jahrzehnten durch Solidarität und Zusammenhalt zu einem wohlhabenden und wirtschaftlich erfolgreichen Land hochgearbeitet. Nur durch Leistung und Fleiß der arbeitenden Menschen konnten und werden wir diesen Wohlstand auch in Zukunft halten können. Gleichzeitig mit dem Wohlstand wuchs auch der Sozialstaat immer mehr an. Wir haben eine der höchsten Sozialquoten, der Verteilungsgedanke wird in keinem anderen Land so gelebt wie bei uns. In Österreich ist der Unterschied zwischen niedrigsten und höchsten Einkommen im Vergleich zu den anderen Industriestaaten am geringsten.
Zuletzt wurden daher die Stimmen nach "Leistung muss sich wieder lohnen" oder "Es braucht wieder mehr Leistungsgerechtigkeit im Land" immer lauter. Denn eine solidarische Leistungsgesellschaft braucht auch das Verständnis und die Leistungsbereitschaft der Solidarität-Übenden. Die Mindestsicherung wurde zwischen den Koalitionsparteien vereinbart. Dazu stehe ich. Wir müssen allerdings Missbrauch verhindern: bei der Mindestsicherung und auch bei allen anderen Transferleistungen und Förderungen der öffentlichen Hand.
Deshalb hat die ÖVP so vehement die Einführung des sogenannten Transferkontos verlangt und letztlich beim Koalitionspartner auch unter dem neuen Titel "Transparenzdatenbank" durchgesetzt. Das ist kein "Neidkonto", sondern eine seriöse Kontoführung für jede natürliche oder juristische Person, über deren Einkommen/Gewinn, Steuerleistungen, erhaltene Sozialleistungen und Förderungen. Wenn wir die Akzeptanz der Zahler für unser Sozialsystem nicht verlieren wollen, dann sind wir ihnen schuldig, dieses System auch transparent zu machen und zu kontrollieren. Das und nichts anderes ist auch der Grund, warum die ÖVP die gleichzeitige Realisierung der Transparenzdatenbank mit der Mindestsicherung verlangt.
Damit diese Transparenzdatenbank vollumfänglich aussagekräftig ist, müssen in ihr natürlich die Leistungen aller Ebenen der öffentlichen Hand, also von Bund, Ländern und Gemeinden, vermerkt werden. Wer jedoch verlangt, dass erst dann mit der Programmierung und Gestaltung begonnen werden darf, wenn das letzte Bundesland seine Unterschrift unter einen Staatsvertrag gesetzt hat, der riskiert (vielleicht absichtlich?) die Blockade des gesamten Projektes durch ein einziges Land.
Ich hingegen hielte es für klug, durch ein Bundesgesetz sicherzustellen, dass wir unverzüglich mit der Einrichtung einer solchen Datenbank beginnen und diese zunächst mit den Daten der Bundesförderungen befüllen könnten. Bis das realisiert ist, gibt es genug Zeit, die Länder in Verhandlungen ins Boot zu holen.
Karlheinz Kopf ist Klubobmann der ÖVP. Jeden Freitag lesen Sie hier den Gastkommentar eines Vertreters einer Parlamentspartei.