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Novomatic geht All-in

Von Clemens Neuhold

Politik
Die Automatenhalle von Novomatic im Prater muss ab Jahreswechsel mit Besuch der Finanzbehörden rechnen.
© Stanislav Jenis

Glücksspielriese will Wiener Automatenverbot ignorieren.


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Wien. Lange hat Novomatic im Poker um das Wiener Automatenverbot seine Karten sortiert und mit dem nächsten Zug gewartet. Nun geht der weltweit tätige Automatenriese All-in.

Die Ansage: Novomatic wird seine über 1000 Wiener Automaten weiterlaufen lassen und das Verbot ignorieren. Der Konzern stützt sich dabei auf drei Rechtsgutachten, die besagen, dass laufende Konzessionen für einarmige Banditen nicht vom Verbot tangiert sind. Die Antwort der Stadt Wien folgt prompt: "Man hat das Gefühl: Sie glauben, für sie gilt der Rechtsstaat nicht", sagt die zuständige Stadträtin Ulli Sima zur APA. Es müsse dem Glücksspielkonzern bewusst sein, dass er sich damit in die Illegalität begebe und pro beschlagnahmten Automaten eine Strafe von bis zu 22.000 Euro in Kauf nehme: "Ich halte es für ein fatales Signal, die gesetzgebenden Körperschaften zu übergehen."

"Sehen Klagen gelassen"

Ähnlich der Koalitionspartner der SPÖ in der Wiener Stadtregierung: "Wir lassen uns von den Drohungen der Novomatic nicht einschüchtern und sehen etwaigen Klagen gelassen entgegen", richtete der grüne Klubchef David Ellensohn aus. Natürlich sei Novomatic nicht glücklich darüber, auf Einnahmen in mehrstelliger Millionenhöhe verzichten zu müssen, "aber wir sind überzeugt, dass mit der Spielsucht kein Geschäft gemacht werden soll". Die Einhaltung des Verbots werde ab Jahresbeginn von der Finanzpolizei, die in die Zuständigkeit des Finanzministeriums fällt, kontrolliert. Sima kündigte heute allerdings Unterstützung seitens der Stadt an.

Auf Nachfrage im Finanzministerium heißt es: "Ab 1. Jänner drohen Verwarnungen, dann Beschlagnahmungen, Einziehungen, Betriebsschließungen und Verwaltungsverfahren." Bei Zuwiderhandeln folge ein Schritt relativ rasch auf den anderen. Aus Sicht des Ministeriums sei die Rechtslage "völlig klar", da die Übergangsfrist bis zum Aus der Automaten mit 4,5 Jahren ausreichend lange gedauert hätte.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken von Novomatic und etwaige Gerichtsverfahren würden "das Agieren der Finanzpolizei nicht beeinträchtigen". Zur Gefahr von Enteignungen - nichts anderes wäre eine "Einziehung" - meint Novomatic: "Wir sehen uns auf Basis der rechtskräftigen und aufrechten Konzessionsbescheide im Recht und vertrauen auf den Rechtsstaat."

Die Finanzpolizei, das Ministerium und die Stadtpolitik stützen sich unter anderem auf ein Gutachten des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt. Es liegt der "Wiener Zeitung" vor. Darin heißt es mit Bezug auf die Deadline für die Landes-Konzessionen mit 31. 12. 2014: "Angesichts dieser gesetzlichen Anordnung begegnet die Rechtsansicht (...), wonach die Landeskonzessionen nach Ablauf der geregelten Übergangsfrist nicht mehr ausreichend seien und ein Weiterbetrieb somit konsenslos erfolgen würde, aus Sicht des Verfassungsdienstes keinen Bedenken."

Im Gutachten wird ein eigenes Landesgesetz empfohlen, um die Vorgehensweise rechtlich abzusichern. Dieser Empfehlung leistete der Landtag vergangene Woche einstimmig Folge. Zumindest ein Rechtsgutachten von Novomatic, jenes von Verfassungsrechtler Heinz Mayer, hat diesen Umstand noch nicht berücksichtigt. Laut Mayer ist es ein Jahr alt. Ob sich durch das neue Gesetz etwas in der Einschätzung ändert, kann Mayer nicht beantworten. Er habe die jüngsten Ereignisse nicht verfolgt. Novomatic meint hingegen: "An dieser eindeutigen Rechtsansicht ändert auch die am 27. 11. 2014 beschlossene Novelle nichts."

Auch Casino-Poker offen

Seit Ende Oktober ist Mayer übrigens Berater bei der Kanzlei Lansky, Ganzger + partner. Dabei handelt es sich um die Kanzlei der Casinos Austria. Casinos Austria und Novomatic liegen im rechtlichen Clinch wegen der Casino-Lizenzen. Casinos fallen unter das große Glücksspiel im Unterschied zum kleinen Glücksspiel mit den Automaten. In den Casinos dürfen neben Roulette-Tischen etc. weiterhin Automaten stehen.

Novomatic gewann zwei neue Lizenzen für die Automatenhalle im Wiener Prater und Bruck/Leitha. Ein Jackpot. Die Casinos Austria gingen leer aus und erhoben Einspruch. Der verzögert die Vergabe der Lizenzen. Hier liegt des Pudels Kern begraben: Novomatic betreibt nämlich alleine im Prater-Casino 400 Automaten. Ohne Lizenz für das große Glücksspiel müsste der Betrieb für Monate ruhen. Das Casino "Monte Laa" im Böhmischen Prater (200 Automaten) müsste Neujahr sperren. Für 80 Admiral-Wettcafés sind Automaten wichtige Umsatzbringer.

Im zweiten Poker um die Casino-Lizenzen hat Novomatic noch immer ein unschlagbares Blatt. Allerdings könnte Gegner Casinos Austria den Aufstand Novomatics gegen die Automaten-Politik der Stadt nutzen, um seine Karten im Lizenz-Poker noch zu verbessern. Nur eines scheint fix: 2015 fallen die Würfel endgültig.