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Novomatic nähert sich dem Lotterie-Jackpot

Von Clemens Neuhold

Wirtschaft

Anteile bei Casino-Tochter auf 18 Prozent aufgestockt. Ziel: Die einzige Lizenz im Land fürs Online-Zocken.


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Wien. Peter Rapp am Briefloskreuz, Rubbellose, 6 aus 45 im ORF: die österreichischen Lotterien sind das Casino des kleinen Mannes für den kleinen Kick in der Trafik. Das lieben die Österreicher. Die Lotterien sind die Cash-Cow der Casinos Austria (Casag). Am Donnerstag krallte sich der Novomatic-Gründer und zweitreichste Österreicher Johann Graf jedenfalls die Anteile von Erste Bank, Bawag/P.S.K und der Bad Bank der Volksbanken. Davor gab die B&C Industrieholding ihre Anteile an den Konzern mit Sitz in Guntramdsdorf in Niederösterreich ab. Nun nähert sich die Novomatic mit 18 Prozent der Sperrminorität. 68 Prozent halten die Casinos Austria.

Cashcow Internet

Bei aller Liebe zum Brieflos: Warum hat es der internationale High-Tech-Spielkonzern Novomatic ausgerechnet auf diese recht traditionelle Casag-Tochter abgesehen? Ein Blick in die Bilanz gibt Aufschluss: Der größte Umsatzbringer 2014 war nicht 6 aus 45 oder die Brieflose, sondern win2day. Das ist die Online--Tochter der Lotterien mit 1,2 Milliarden Euro (zum Vergleich: 6 aus 45 brachte nur die Hälfte ein, die Rubbellose ein Zehntel). Dort treffen die einarmigen Banditen aufeinander, die großen Kästen, mit denen Novomatic die Spielwelt eroberte und die digitalen Slotmaschinen, die man auf wind2day per Mausklick bedient. Novomatic investiert massiv in den Zukunftsmarkt Online-Glücksspiel mit dem Ziel, dass die Menschen schon am Smartphone die Möglichkeit haben, ihr Glück zu versuchen und ihr Geld zu verzocken. Ohne Lizenz wäre das aber illegal. Und den halblegalen Bereich wie Mr. Green oder bwin hat Novomatic in Ermangelung einer Lizenz aus Gibraltar oder Malta bisher gemieden. Was die Lotterien noch höchst attraktiv macht: An der Online-Lizenz hängen auch sogenannten VLT-Automaten (Video-Lotterie-Terminals). Das sind zwar richtige Automaten, die in Spielhallen oder Kaffeehäusern stehen. Sie sind aber mit einem Zentralrechner verbunden und unterliegen damit nicht den Landesgesetzen für einzeln aufgestellte Automaten. In Wien musste Novomatic jüngst tausende Automaten abbauen, weil das Land sich zur Verbotszone für die Geräte mit hohem Suchtfaktor machte.

Rache für Automatenverbot?

Die VLT-Automaten wären davon unbetroffen. Wenn die Lotterien wollten, könnten sie das Automaten-Vakuum auf Wiens Straßen wieder füllen.

Die vielen Fliegen, die Novomatic mit einer Lotterie-Mehrheit schlagen würde, wären gar nicht zu zählen. Freilich verweist man bei der Casag hinter den Kulissen die Vision solch eines Novomatic-Jackpots ins Reich der Fantasie. Denn dagegen spricht das Kartellrecht. Die zwei führenden Glücksspielanbieter, die über die Lotterien teilfusionieren - das wäre, als legten Billa und Spar ihre Obst-, Wurst- und Getränkeabteilung zusammen. Nun gelten die heimischen Kartellwächter nicht gerade als Dobermänner, die in Brüssel aber schon. Andererseits: Auf dem zwischen Staatskasse, Glamour, Sucht und Hinterzimmer angesiedelten Glücksspielsektor herrschten schon immer ganz eigene Regeln.

Schweigen & genießen

Novomatic ist bekannt dafür, im Hintergrund die Strippen zu ziehen und nach außen nur das Nötigste zu kommunizieren. In einem kurzen Kommentar hält Novomatic-Vorstandschef Harald Neumann per Aussendung fest, Novomatic werde ein "nachhaltiger und stabiler heimischer Mitgesellschafter der Österreichischen Lotterien GmbH" sein. Bei den ersten Zukäufen sprach man von einem "Finanzinvestment". Man werde aber die Lotterien bei Bedarf gerne mit ihrem langjährigen und internationalen Gaming-Knowhow unterstützen.

Novomatic begann 2013 mit dem Aufbau der "Mobile Gaming", um die 20- bis 35-Jährigen abzuholen, die mit den digitalen Technologien aufwuchsen, wie der frühere Novomatic-General bei einer Pressekonferenz meinte. Schon damals beklagte er, dass nur die Lotterien über eine Lizenz fürs Online-Zocken verfügen und meinte: "Es ist aber nicht auszuschließen, dass wir Novomatic-Spiele bei der Lotterien GmbH lizenzieren; Gespräche gibt es da aber keine, wir hoffen auf eine Gesetzesnovelle, wie wiederholt angekündigt." Das war noch vor der Einkaufstour. Die Novomatic hat eigene Lizenzen für Italien und Schleswig-Holstein.

An der klassischen Casino-Front lief es zuletzt schlecht für Novomatic, die Lizenz für ein großes Casinogebäude im Prater und in Bruck/Leitha hob ein Gericht auf. Nun könnte die Casag bei einer Neuausschreibung doch noch zum Zug kommen. Ist das der geheime Masterplan hinter den Rochaden? Die Casinos an die Casag, die Online-Lotterien dafür an die Novomatic? Die Phantasie könnte mit einem durchgehen.