In Deutschlands Parteien ist eine heftige Debatte darüber ausgebrochen, ob gegen die neonazistische NPD neuerlich ein Verbotsverfahren eingeleitet werden soll.
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Obwohl die höchsten Verfassungsrichter die Politik jüngst zu diesem Schritt indirekt ermuntert haben, überwiegt bisher sowohl bei SPD und Grünen als auch bei Union und FDP die Skepsis.
Die Angst, dass ein neuerliches Verbotsverfahren wie schon 2003 aus fomalrechtlichen Gründen scheitern könnte, ist groß. Zwar hatten der Präsident des Karlsruher Verfassungsgerichts, Hans-Jüger Papier als auch Vizepräsident Winfried Hassemer am Wochenende über die Medien wissen lassen, dass sie einem neuen Anlauf durchaus Erfolgschancen einräumen, doch auf mehr als ein Bekenntnis, eine solche Initiative eingehend zu prüfen, wollten sich Regierung und Opposition bisher nicht festlegen.
Sie argumentieren, dass sich an der formalrechtlichen Sachlage, die 2003 zum Scheitern des Verbotsantrags geführt hatten, nichts geändert hat. Damals hatten die Bundesverfassungsrichter mehrheitlich gegen den Verbotsantrag gestimmt und dies damit begründet, dass sich dieser zum Teil auf Aussagen von V-Leuten des Verfassungsschutzes gestützt hatte, die als NPD-Vertreter getarnt in den höchsten Parteigremien saßen und deren antirassistische Parolen daher nicht als Grundlage dafür herangezogen werden können, die Partei für verfassungswidrig zu erklären. Das Problem würde sich heute wieder stellen, da die Spitzel in der NPD weiterhin aktiv sind. Eine Möglichkeit, diese Hürde zu umgehen, wäre laut den Verfassungsexperten, diese kurz vor und während eines neuen Verfahrens "auszuschalten" oder sie gänzlich abzuziehen - was jedoch deren Enttarnung bedeuten würde. Dies ist den Parteien zu riskant. Ein Verbotsantrag sei nur dann zu stellen, wenn dieser mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Erfolg habe, lautet die einhellige Devise. Der Staat mache sich ansonsten lächerlich. Zudem wird befürchtet, dass ein Verfahren den Rechtsradikalen zu noch mehr Popularität verhilft. Des weiteren könnte die NPD im Falle eines Verbots unter neuem Namen ihre Umtriebe fortsetzen.