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Null Toleranz für Gewalttäter

Von Brigitte Pechar

Politik

Jede fünfte Frau ist in Europa mindestens einmal in ihrem | Leben Opfer von Gewalt durch ihren männlichen Partner. In 25 Prozent aller gemeldeten Gewaltverbrechen greift ein Mann seine Frau oder Partnerin tätlich an. Jedes Jahr verlassen Tausende von Frauen und Kindern ihr Heim, weil sie Opfer von Missbrauch wurden. In Österreich versucht man seit 1997 einen alternativen Weg: Nicht die Frauen verlassen das Heim, sondern die gewalttätigen Männer werden weggewiesen.


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Es ist 22 Uhr. Zwei 28jährige Freundinnen, Eva und Klara, sitzen im Wohnzimmer als Evas Ehemann betrunken von einer Sauftour nach Hause kommt. Ohne Vowarnung geht er in die Küche und beginnt zuerst einen Teller nach dem anderen auf dem Boden zu zertrümmern. Weiter geht es mit den Gläsern. Scherben und Glassplitter übersäen den Küchenboden. Eva bittet ihren Mann flehentlich, das Treiben zu beenden. Mit dem Erfolg, dass sich dessen Aggression gegen sie und auch ihre zu Hilfe eilende Freundin richtet. Die beiden Frauen flüchten auf den Gang und erbitten Hilfe bei den Nachbarn. Die wollen sich aber in "Familienangelegenheiten" nicht einmischen und schicken die Frauen wieder auf den Gang. Eva und Klara schlichen also in die Wohnung zurück und schlossen sich im Kabinett ein, um den nächsten Tag und die Ausnüchterung von Evas Ehemann abzuwarten.

Das Ganze ereignete sich 1985, also zu einer Zeit, als es das Gewaltschutzgesetz mit dem Wegweiserecht noch nicht gab. Wäre den beiden das gleiche 1998 passiert, hätten sie die Polizei rufen können und der Mann wäre aus der Wohnung gewiesen worden. Eva und Klara hätten sich eine Nacht in Angst und Schrecken erspart.

Das Wegweiserecht ist ein Meilenstein

"Das Gewaltschutzgesetz war ein Meilenstein nicht nur in der österreichischen Rechtslage, sondern beispielgebend für viele Länder", ist die Zweite Nationalratspräsidentin Barabara Prammer stolz, dass ihr die Durchsetzung dieses Gesetzes, das mit 1. Mai 1997 in Kraft getreten ist, als Frauenministerin gelungen ist. Dieses Gesetz hat Vorbildwirkung: Deutschland und die Türkei haben es bereits adaptiert, in der Slowakei ist man gerade dabei.

Begleitend zum Wegweiserecht wurden in allen Bundesländern Interventionsstellen geschaffen. Die Polizei informiert diese Stellen, diese nehmen aktiv Kontakt mit den betroffenen Frauen auf und bieten Unterstützung, Beratung - auch für den Weg zum Gericht - und Hilfe an.

Von 1997 bis 2003 gab es in Österreich 21.957 Wegweisungen, berichtet Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser. Sie stellt auch eine Entwicklung fest: Einerseits steigt die Gewalt gegen Frauen, andererseits lassen sich Frauen Gewalt immer weniger gefallen und nutzen die Angebote. "Das Gewaltschutzgesetz ist ein positives Signal für Frauen, dass der Staat bei Gewalttaten in der Familie eingreifen kann und den Gewalttäter, die Konsequenzen dafür tragen lässt", sagt Rösslhumer.

Auch wenn Frauen in einem der 21 autonomen Frauenhäuser Schutz suchen, bleiben sie nicht mehr so lange dort, sieht Rösslhumer eine positive Tendenz. Allerdings beklagt sie die unsichere finanzielle Absicherung dieser Institutionen.

Frauenministerin Maria Rauch-Kallat verweist darauf, dass das Budget für die Interventionsstellen seit ihrem Amtsantritt erhöht wurde. "Wir setzen die Arbeit gegen Gewalt an Frauen kontinuierlich fort", betonte die Ministerin und verwies darauf, dass mit der Strafrechtsreform, die am 1. Mai 2004 in Kraft getreten ist, die "Privilegierung" von Verwaltigung in der Ehe aufgehoben und der Tatbestand "sexuelle Belästigung" geschaffen wurden: "Wir haben null Toleranz für Gewalt an Frauen."

Außerdem plant Rauch-Kallat mit dem Innenministerium, die Interventionsstelle für Beroffene des Frauenhandels besser abzusichern. Diese soll ab 2006 einen langfristigen Vertrag erhalten, verspricht die Frauenministerin.