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Österreich ist beim Thema Steueroasen sowohl Opfer als auch Täter - und torpediert hier ebenso die Position der EU wie bei den Universitäten.
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Österreich hat einen sehr hohen Anteil internationaler Studenten. Ein schöner Beleg für die Attraktivität unseres Hochschulsystems, könnte man meinen. Freilich stammt etwa die Hälfte der 20.000 im Vorjahr neu zugelassenen ausländischen Studenten aus unseren Nachbarländern Deutschland und Italien. Der deutschsprachigen Bevölkerung Italiens hat Österreich, das sich als "Schutzmacht" Südtirols versteht, immer schon dieselben Rechte eingeräumt wie den eigenen Staatsbürgern. Bei Deutschland würden wir hingegen schon gerne darauf Einfluss nehmen, wie viele seiner Bürger in welchen Fächern an den heimischen Universitäten studieren dürfen. Doch das europäische Recht erlaubt nicht, zwischen den eigenen und anderen Bürgern aus der EU zu diskriminieren. Obwohl es Österreich mit diesem Grundsatz nicht so genau nimmt und gegen den Widerstand der EU in der Medizin eine Quotenregelung eingeführt hat, nimmt die Zahl der ungebetenen Numerus-Clausus-Flüchtlinge aus Deutschland von Jahr zu Jahr zu.
Zur Linderung der Folgen wird gerne die Forderung nach Ausgleichszahlungen auf EU-Ebene erhoben, vor allem von der SPÖ, aber auch in anderen Parteien.
Die aktuelle Entwicklung in einem ganz anderen Bereich zeigt aber, dass die heimische Politik die Voraussetzungen solcher Transferzahlungen nicht versteht - oder sie bewusst untergräbt. In der Folge der Finanzkrise haben sich die internationalen Bemühungen zur Schließung von Steueroasen verstärkt, in denen jene Milliardenbeträge gebunkert werden, die den öffentlichen Haushalten fehlen. Österreich ist in dieser Angelegenheit sowohl Opfer als auch Täter, und da biedere Schlitzohrigkeit seit der sagenumwobenen Reblaus zur Kernkompetenz heimischer Diplomatie zählt, changieren wir gekonnt zwischen diesen Rollen. Auch der heimischen Finanz entgehen hohe Steuersummen. Aber zugleich halten wir am Bankgeheimnis fest, damit Österreich für ausländisches Schwarzgeld attraktiv bleibt.
Die EU will seit längerem einen automatisierten zwischenstaatlichen Informationsaustausch für Zinseinkünfte durchsetzen. Auch auf die Schweiz wird der Druck erhöht, einem solchen Abkommen beizutreten. Doch einige schwarze Schafe innerhalb der EU - Österreich und Luxemburg - wollen am Anonymitätsprinzip festhalten. Österreich strebt nun eine Sondervereinbarung mit der Schweiz an, um einen Teil der hinterzogenen Steuern zurückzubekommen. Damit wird aber eine einheitliche Position der EU torpediert. Und nur eine solche könnte zumindest innerhalb Europas die Steuerschlupflöcher schließen.
Das Kernstück der zwischenstaatlichen Kooperation der nordischen Länder, die häufig als Modell für Ausgleichszahlungen bei studentischer Mobilität genannt werden, ist ein umfassender Informationsaustausch der Finanzbehörden. Was die EU durchzusetzen versucht, ist dort längst realisiert. Anders wären die teuren nordischen Wohlfahrtssysteme nicht finanzierbar. Wären der österreichischen Politik europäische Transfers für Studentenmobilität ein wirkliches Anliegen, dürfte sie nicht die fiskalischen Voraussetzungen dafür schon im Ansatz blockieren.