Österreich wird trotz des Bifie-Datenlecks an Pisa teilnehmen - Bildungsexperte Hopmann hätte sich nicht das blinde Festhalten an Pisa, sondern eine breite Diskussion über die Notwendigkeit von internationalen Bildungstests gewünscht.
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Wien. Es wird getestet. Es wird nicht getestet. Es wird getestet. Pisa findet nun also doch statt. Trotz des Skandals um das angebliche Datenleck beim Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) und des sofortigen Stopps sämtlicher Testungen wird Österreich im Herbst nächsten Jahres an Pisa teilnehmen. Die für dieses Jahr vorgesehenen und aufgrund des Stopps ausgefallen Feldtests werden im März und April 2015 nachgeholt, der Haupttest findet dann im Oktober statt. Eine Ausnahmeregelung der OECD machte die Verschiebung der Feldtests und Österreichs Teilnahme an Pisa möglich, gab Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek am Montag bekannt. Die Feldtests sind eine Art Generalprobe mit rund 1000 Schülern, bei denen die Abläufe und die Verständlichkeit der Fragen überprüft werden.
SPÖ, ÖVP und Grüne begrüßten Heinisch-Hoseks Schwenk. Davor war der Vorwurf im Raum gestanden, die Ministerin hätte Pisa aus Angst vor schlechten Ergebnissen abgesagt. Die Euphorie des Bildungsexperten Stefan Hopmann hält sich indes in Grenzen. Dass Pisa nun doch stattfindet, ist für ihn "für die Galerie". Statt blind an Pisa festzuhalten, hätte er sich eine breitere Diskussion zum Thema Bildungstests gewünscht.
Die Gesellschaft schreit nach Rankings und Vergleichen
"Schade am Wiedereinstieg ist, dass man das Ganze nicht zum Anlass genommen hat zu thematisieren, warum es überhaupt Tests gibt", sagt Hopmann im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Man hätte die Chance gehabt, zu fragen, was wir überhaupt von der Schule wollen." Wollen wir gute Noten in Mathematik oder erfolgreiche Übergänge von der Schule zu Beruf und Gesellschaft, fragt Hopmann. Zweiteres sei in Österreich durchaus gegeben - durch Ersteres werde unser Land in "fragwürdigen Rankings", wie er sie nennt, vergleichbar. Das Tragische daran: Die Gesellschaft schreie nach Ersterem, nach Rankings und Vergleichen. Sie brauche Zahlen und Statistiken, um sich eine Meinung bilden zu können und sich zu positionieren.
"Dabei grenzt dieses Spiel mit den Zahlen und Liga-Tabellen an Humbug", so Hopmann. "Denn wir wissen, dass in verschiedenen Kulturen verschiedene Aufgabentypen unterschiedlich ankommen. Man hätte auch Tests konstruieren können, bei denen die großen Verlierer der westlichen OECD-Länder die Gewinner sind."
Internationale Schulleistungsuntersuchungen wie Pisa unter 15- und 16-Jährigen sagen seiner Ansicht nach wenig aus und führen zudem zu keinen nachhaltigen Verbesserungen. Sie übten einzig und allein Druck auf das Bildungssystem aus - auf Kosten der Schwächeren. In einem offenen Brief warnte Hopmann gemeinsam mit Forschern und Lehrern vor "negativen Folgen" der Studie auf die Schulsysteme.
Pisa habe sich verbraucht. "Wenn Sie dieselbe Fernsehserie zwölf Jahre lang gesehen haben, wollen Sie ja auch etwas Neues, oder?", fragt Hopmann. Die OECD versuche zwar, die Pisa-Studien mit neuen Schwerpunktthemen wie soziale Kompetenzen zu attraktivieren. Dennoch springen stetig Länder ab, und die OECD muss neue mobilisieren. "Die OECD wäre nach Canossa gegangen, damit Österreich - eines der Kernländer - nicht aussteigt." Mit Österreich werden nächstes Jahr 76 Länder teilnehmen.
"Es war auch falsch, aus falschen Gründen abzusagen"
Hätte es Heinisch-Hosek also besser bei ihrer ersten Entscheidung belassen sollen, Pisa abzusagen? "Es war ebenfalls falsch, aus falschen Gründen auszusteigen, weil das Bifie-Datenleck nichts mit den Pisa-Daten zu tun hatte", meint dazu Hopmann. Im Februar waren auf einem rumänischen Testserver einer Bifie-Partnerfirma ungeschützte Ergebnisse von informellen Schülertests aus 2011 und 2012 aufgetaucht.
Heinisch-Hosek hingegen verteidigt den bis Ende 2014 verhängten Teststopp: "Aufgrund der Datenprobleme war es nötig, das Vertrauen der Eltern, Lehrer und Schüler nicht zu erschüttern." Man arbeite an einer "konsequenten Neuaufstellung des Bifie", die bis Ende des Jahres abgeschlossen sein soll. Bis dahin soll der TÜV Austria auch alle Prozesse, Server und Datenzugänge des Bifie überprüft haben. Für eventuelle "Reparaturarbeiten" sei dann noch zwei bis drei Monate bis zum Pisa-Start Zeit. Die finanzielle Belastung des Budgets werde sich in Grenzen halten. An der Absage der ebenfalls 2015 geplanten Volksschul-Vergleichsstudie Timss hält die Ministerin weiter fest.
Die Pisa-Ergebnisse von 2015 werden erst im Dezember 2016 präsentiert. Vor allem im Bereich Lesen schnitt Österreich bisher notorisch schlecht ab. Zwar holte es von Platz 31 im Jahr 2009 auf Platz 21 drei Jahre später auf, den OECD-Schnitt hatte es damit aber noch immer nicht erreicht. In Mathematik lagen die Ergebnisse 2012 signifikant über, in den Naturwissenschaften im OECD-Schnitt. Generell dominiert der Ferne Osten. Mexiko, die Türkei, Slowakei und Griechenland bilden die Schlusslichter.