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Ein Abgang folgt dem anderen auf der Bühne Westminsters.
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London. Erst muss David Cameron, der Premierminister, ab durch die Mitte. Dann findet sich, sichtlich schockiert, Schatzkanzler George Osborne auf dem Weg zur Tür.
Boris Johnson stürzt polternd über den Bühnenrand. Michael Gove hat sich eigenhändig den Strick um den Hals gelegt. Jeremy Corbyn, der Labour-Vorsitzende, kämpft verzweifelt gegen den eigenen Exit. Und nun nimmt Nigel Farage Abschied. Der Chef der Anti-EU-Partei Ukip greift nach seinem Hut. Er will nicht mehr.
Immerhin: Farage geht aus eigenen Stücken. Er ist kein Opfer des Brexits geworden, sondern ist einer der Gewinner bei diesem monumentalen Drama. Er hat, was er lebenslang verfolgte, erreicht. Schon im Europa-Parlament vor ein paar Tagen hat er sich ja mit bitterer Häme daran erinnert, wie ihn viele auch in Brüssel vor Jahren noch verlachten. "Jetzt lacht ihr nicht mehr", hat er triumphiert.
Am Morgen, an dem das Resultat des Referendums verkündet wurde, war er es, der den Sieg für sich beanspruchte und sich mit Lorbeer schmückte. Lang bevor Johnson, Gove und andere Tory-Brexiteers sich aus dem Dunkel ihrer Verwirrung an die Öffentlichkeit wagten, hat Farage "die Morgendämmerung unseres Unabhängigkeitstags" proklamiert.
Nicht zuletzt aus Angst vor Ukip hatte Cameron klein beigegeben. Ukips Fußtruppen hatten en masse Flugblätter ausgetragen und an Türen geklopft, als es zur Abstimmung kam.
Zum Großteil verantwortlich war Farage dabei für die gefährlich angeheizte Rhetorik der Kampagne, die sich jetzt vielerorts im Königreich in Fremdenhass und rassistischen Übergriffen niederschlägt. Seine Warnung vor "Kölner Zuständen" in England bei weiterem Verbleib in der EU, sein notorisches Plakat mit den Migrantenströmen trugen zur Vergiftung der Atmosphäre - aber auch zum Sieg des Brexit-Lagers -bei.
Da Ukip nun seinen im Parteinamen enthaltenen Zweck erfüllt hat - United Kingdom Independence Party - und dem Vereinigten Königreich die "Unabhängigkeit" von der EU besorgt zu haben glaubt, ist für Farage die Arbeit getan. Seinen Sitz im Europa-Parlament behält er fürs Erste noch.
Ansonsten aber scheint er es diesmal ernst zu meinen mit seinem Abgang als Parteichef. Wie und ob überhaupt er weiter mitmischen will in der britischen Politik, rätselt man noch. Ukip aber wird sich demnächst überlegen müssen, wofür es künftig stehen soll: Ob es weiter eine Zukunft hat - und wenn ja, welche.