Bereits vergangene Woche starteten Wiens VP und FP mit der Forderung nach einer Rechnungshofprüfung des hochdefizitären Sozialressorts einen Frontalangriff gegen Vizebürgermeisterin Grete Laska. Nun schießen sich auch die Grünen auf Laska ein, allerdings an einer ganz anderen Front: Als Jugendstadträtin ignoriere und decke sie angeblich rassistische Äußerungen einer hohen Jugendamts-Beamtin. Diese wird allerdings in einer internen Untersuchung entlastet.
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Es begann im vergangenen Dezember mit einer dicken, etliche Punkte umfassenden, aber dafür anonymen Anzeige gegen die Leiterin des Wiener Jugendamtes (MA 11), Renate Balic Benzing. Diese hätte - neben anderen dienstlichen und persönlichen Fehlleistungen - bei einer Besichtigung des Kompetenzzentrums für unbetreute, jugendliche Flüchtlinge in der Währingerstraße angesichts von rund 30 dort anwesenden Schwarzafrikanern gemeint, "...diese Arschlöcher vergiften unsere Kinder mit Drogen" (Anzeigen-Wortlaut). Das tat sie angeblich "laut schreiend", "nervös auf und ab laufend" - und vor Publikum.
In einer Gemeinderatsanfrage am 16. Jänner forderte die Sozialsprecherin der Wiener Grünen, Susanne Jerusalem, "Aufklärung über den Wahrheitsgehalt" dieser Beschwerde, was Ende Jänner auch geschieht: Laut Laska gebe es nach einer Untersuchung durch die interne Revisionsabteilung des Magistrates keinen Grund für disziplinäre Maßnahmen gegen die Beamtin.
Rufmord oder Rassismus?
Dies wollten aber weder die Grünen, noch die Wiener Stadtzeitung "Falter" glauben und vertieften sich in die Materie. Und siehe da: Man kennt nun "mehrere Mitarbeiter der MA 11, die diese Vorwürfe - notfalls auch vor Gericht - bestätigen". Die Grünen, die laut Jerusalem "annehmen, dass die Vorwürfe stimmen", fordern eine neuerliche Untersuchung: "Diese Zeugen sind glaubwürdig, immerhin riskieren sie durch die Aussage ihren Job".
Ihren Sessel räumen sollte - laut Grünen - lieber die umstrittene Jugendamtsleiterin, stattdessen habe sie aber "quasi als Belohnung einen Sitz im Präsidium des Fonds Soziales Wien bekommen". In der nächsten Sitzung des Wiener Landtages am 4. März will man das Thema daher erneut einbringen.
Keine Beweise gefunden
Laska selbst will zu den neuen Vorwürfen gar nichts sagen. Sie verweist an die zuständige Magistratsdirektion. Und dort sieht man keinen Grund für eine neuerliche Prüfung: "Die Anzeige wurde auf Punkt und Beistrich untersucht, wir machen sowas ja nicht zum ersten Mal. Und es gibt überhaupt keinen Grund zu disziplinären Maßnahmen oder Schlimmerem", fasst Sprecher Rudolf Gerlich zusammen: "Wir haben zu viele, teils völlig entgegenlaufende Aussagen dazu, und in einem solchen Fall gilt, wie auch in anderen Verfahren, das bewährte in dubio pro re".
Hintergrund der Diskussion ist übrigens, das nicht feststellbare Alter vieler Schwarzafrikaner ohne Papiere, die als schutzsuchende "Jugendliche" einen anderen Status genießen als Erwachsene. Sowohl Polizei als auch Hilfsorganisationen sehen sich zunehmend mit diesem Dilemma konfrontiert.