Zum Hauptinhalt springen

"Nun rächt sich die Säumigkeit"

Von Karl Leban

Wirtschaft

Gäbe es die Hypo-Abbaueinheit bereits, würde der Steuerzahler weniger "bluten".


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Seit nunmehr fast einem Jahr steht eine Sondergesellschaft für den Abbau der Hypo-Altlasten zur Debatte. Ein solches Vehikel wäre keine Bank, bräuchte daher deutlich weniger Kapital und würde so den Leidensdruck der Steuerzahler mindern. Gäbe es die Abbaueinheit bereits, dann wäre die jetzige Notwendigkeit, der Krisenbank Hypo Alpe Adria für die Bilanz 2013 nochmals bis zu einer Milliarde Euro Kapital nachschießen zu müssen, kein Thema.

"Die Politik hat in dieser Sache viel Zeit vergeudet. Diese Säumigkeit rächt sich nun", heißt es nicht nur im Umfeld der Hypo, sondern auch der Notenbank. Um das Problem, dass die Bank für die Erstellung ihrer Jahresbilanz erneut frisches Geld brauchen könnte, habe die Politik stets Bescheid gewusst. Zudem wäre es schon längst möglich gewesen, in Sachen Abbaugesellschaft zumindest "prinzipielles Einverständnis mit München" herzustellen. "Aber keiner der Politiker hat das Gespräch mit Bayern gesucht", heißt es zur "Wiener Zeitung".

Ohne Bayern geht nichts

Von der Bayerischen Landesbank, dem früheren Hypo-Mehrheitsaktionär, hängt freilich viel ab. Von ihr braucht die Bundesregierung in Wien das Okay für die geplante Abbaueinheit. Aber erst jetzt hat Finanzminister Michael Spindelegger Verhandlungen eingeleitet, wie er am Mittwoch nach dem Ministerrat sagte.

Mit einer raschen Zustimmung der BayernLB - laut Spindelegger wird mit ihr verhandelt, nicht mit ihrem Eigentümer - ist jedenfalls nicht zu rechnen. Zähe Gespräche drohen, zumal es mit den Bayern eine Fülle hochkomplexer Rechtsstreitigkeiten gibt. Davon betrifft eine jene 2,3 Milliarden Euro, die die BayernLB der Hypo einst als Darlehen gegeben hatte, die diese aber als "Eigenkapitalersatz" betrachtet und unter Berufung auf ein entsprechendes Gesetz nicht zurückzahlen will. Ebenfalls ein brisanter Punkt bei den Verhandlungen: Österreich will erreichen, dass sich Bayern an den Hypo-Abbaukosten beteiligt.

Solange es also kein Okay aus München gibt, kann es auch die "Bad Bank", in die faule Kredite, Leasingforderungen und Immobilien im Volumen von 17,8 Milliarden Euro ausgelagert werden sollen, nicht geben. Der Zeitplan von Spindelegger, bis zur Jahresmitte alle Voraussetzungen für die Abbaueinheit zu haben (dazu zählen auch legistische, weil ein Sondergesetz zwingend nötig ist), könnte noch massiv ins Wanken geraten. Sollte sich das Projekt bis in die nächste Berichtssaison hinziehen, drohen dem Staat weitere Kapitalnachschüsse, damit die Hypo für das erste Halbjahr 2014 eine Bilanz erstellen kann.

Konkrete Zahlen bis Freitag

Allein im Vorjahr hat der Steuerzahler 1,75 Milliarden Euro in das schwer marode Institut gepumpt, um zu verhindern, dass es unter die für Banken gesetzlich vorgegebenen Kapital-Limits fällt. Genaue Zahlen dazu, wie viel Geld wegen der akuten Probleme bei der Bilanzierung 2013 jetzt nochmals zugeschossen werden muss, will die Regierung von der Hypo bis Freitag auf dem Tisch haben (da tagt ihr Aufsichtsrat).

Für die Rekapitalisierung selbst gab der Ministerrat am Mittwoch bereits im Voraus grünes Licht. Dies hat folgenden Grund: Eine solche Zusage braucht der Wirtschaftsprüfer, damit er die Hypo-Bilanz testieren kann.

Ein Bestätigungsvermerk setzt allerdings noch mehr voraus, und zwar eine Fortbestandsprognose für die Bank. Demnach müsste das Insolvenz-Szenario, das Spindelegger bei seiner Hypo-Mission als Ultima Ratio noch immer nicht endgültig ausschließt, weg sein. Eine drohende Pleite würde die Bankprüfer nämlich schon jetzt zwingen, zu Zerschlagungspreisen zu bewerten und damit etliche Milliarden an Abschreibungen zu verlangen. Für den Bestätigungsvermerk zur Bilanzierung nach dem Fortführungsprinzip muss die Republik die Hypo mindestens bis Mai 2015 leben lassen.

Expertise aus Deutschland

Spindelegger liegt unterdessen ein neues Gutachten vor. Erstellt hat es ein deutscher Wirtschaftsberater, der für die Hypo mehrere Anstaltsmodelle und Insolvenz-Szenarien prüfte und nach APA-Informationen durchaus Vorteile in einer Insolvenz sehen soll. Die Expertise wird jetzt mit der Hypo-Taskforce besprochen. Diese hat sich in ihrem jüngst vorgelegten Endbericht jedoch vehement dagegen ausgesprochen, die Bank in die Pleite zu schicken. Ihr Argument: Die Kosten, die Österreich dabei entstehen könnten, dürften nicht unterschätzt werden.

"Wir stellen uns jeder anderen Fachmeinung, wir werden auch künftig die Taskforce mit anderen Meinungen konfrontieren", sagte Bundeskanzler Werner Faymann am Mittwoch. Die Regierung wolle sich im Rückblick nicht vorwerfen lassen, "Scheuklappen aufgehabt zu haben".

Was eine mögliche Beteiligung der Bundesländer an den Milliarden-Kosten der Hypo-Abwicklung betrifft, setzt Faymann nun auf Verhandlungen. Er will die Länder dazu bringen, auf ihren Anteil an der Bankensteuer zu verzichten. Die Landeshauptleute beider Koalitionsparteien hatten dies zuletzt klar abgelehnt.

In Summe führten die heimischen Großbanken im vergangenen Jahr 587,7 Millionen Euro an "Stabilitätsabgabe" an den Fiskus ab. Davon ist nach einer Aufstellung des Bundesrechenzentrums mehr als ein Viertel - 148,7 Millionen Euro - an die Länder (und Gemeinden) geflossen.