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Nun wartet heikler Spagat

Von Christophe Schmidt

Politik

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Auf Tony Blair wartet ein Balanceakt. Großbritannien übernimmt in der zweiten Jahreshälfte den Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft. Im kommenden Jahr sollen die Briten außerdem über die EU-Verfassung abstimmen - von der sie bisher so wenig angetan sind wie kaum ein anderes Volk. Der Premier muss in Brüssel die Rolle des Mittlers spielen und zugleich die Verfassungs-Skeptiker mit harter britischer Interessenpolitik ködern.

"Die Kampagne für das Referendum wird sofort nach der Wahl beginnen", sagt Richard Whitman, Politikwissenschaftler von Chatham House, dem früheren Royal Institute of International Affairs (RIAA). Doch das Unternehmen werde schwierig sein. Würde heute abgestimmt, lehnten 60 Prozent der Briten die EU-Verfassung ab. Die Brüsseler Agenda hält für die sechs britischen Monate EU-Ratsvorsitz außerdem genügend Themen bereit, bei denen der Premier sich bei seinem Volk schnell unbeliebt machen könnte.

So fällt in den EU-Vorsitz die Aufnahme der umstrittenen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Dazu kommt ein kniffliges Thema: Die Verhandlungen über das EU-Budget für die Jahre 2007 bis 2013. London droht, das Budget zu blockieren, sollte es nicht weiter den "Briten-Rabatt", eine Garantie von niedrigeren Zahlungen nach Brüssel, erhalten. Wie und ob Tony Blair schließlich den Interessensspagat meistern wird, bleibt abzuwarten. AFP