Während Kartenzahlungen als innovativ gelten, wird Bargeld immer seltener. Nach wie vor sind Scheine und Münzen jedoch die günstigste Bezahlvariante. Auch den richtigen Umgang mit Geld lernt man am besten mit Cash.
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Bargeld ist die einzige Bezahlform, bei der es nur um das Bezahlen an sich geht und die öffentlich zur Verfügung gestellt wird. Alle anderen Formen sind Geschäftsmodelle privater Unternehmen", erklärt Matthias Schroth, Direktor der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), bei einem Pressegespräch am Dienstag in Wien.
Tenor der Veranstaltung: Kartenzahlungen muss man sich halt auch leisten können, denn Kreditkarten kosten Gebühren, schon aufgrund ihrer Zusatzleistungen wie diverser Versicherungen. Diese Gebühren werden aber nicht nur den Karteninhabern verrechnet, sondern vor allem den Händlern. Da die Unternehmen diese Zusatzkosten dann wieder in Form von Preiserhöhungen weitergeben, bezahlen dafür letztlich aber alle Kunden, auch die Barzahler.
Gerade ältere Menschen und sozial Schwache können sich Kreditkarten aber oft nicht leisten. 30 Prozent aller Menschen in Österreich sind auf Bargeld angewiesen. Allein 60.000 Pensionisten bekommen ihre monatlichen Zahlungen nach wie vor in bar, schätzen die Experten von OeNB und Münze Österreich. Immerhin 65 bis 70 Prozent aller Transaktionen in Österreich werden nach wie vor bar abgewickelt, erläutert Schroth.
Bargeldkreislauf unter Druck
Der Bargeldkreislauf ist zuletzt allerdings stark unter Druck geraten, konstatieren die Experten. Bankfilialen und Bankomaten werden europaweit mit dem Argument des Kostensparens abgebaut. Die Folgen davon sind in besonders bargeldlosorientierten Ländern wie Schweden oder den Niederlanden erheblich und treffen vor allem sozial Schwache. So kann etwa in 16 Prozent aller holländischen Apotheken nicht mehr bar bezahlt werden. In Schweden werden Cash-Zahlungen von den Geschäften teils gar nicht mehr akzeptiert. Dort wurde nun ein Wiederaufbau der Geldautomaten-Infrastruktur durch die Riksbank beschlossen. Zumindest alle 20 bis 25 Kilometer soll es künftig wieder einen Bankomaten geben, berichtet Gerhard Starsich, Generaldirektor der Münze Österreich.
Auch in Österreich sinkt die Geldautomaten-Dichte seit 2021 langsam, hat er beobachtet. "Ein paar hundert Geräte werden es pro Jahr weniger, schätzt OeNB-Direktor Schroth auf Nachfrage der "Wiener Zeitung". Da gleichzeitig auch immer mehr Bankfilialen schließen oder auf Automatenfoyers umstellen, wird es für Menschen ohne smarte Karten schwieriger an Bargeld zu kommen, um ihre Zahlungen durchführen zu können. Zudem schlagen sich Kartenzahlungen teils auch bei den Kontokosten nieder. Wer nämlich für jede Buchungszeile bezahlt, für den ist bargeldlos die teuerste Zahlvariante, geben die Experten zu bedenken.
Um die im Europavergleich aktuell - noch - recht gute Versorgung in Österreich sicherzustellen, laufen derzeit Gespräche im heimischen Bankensektor. Denn Gesetze, welche die Finanzinstitute zwingen würden, eine entsprechende Infrastruktur aufrechtzuerhalten, gibt es keine.
Im Gegensatz zum bargeldlosen Bezahlen stehen hinter Barzahlungen allerdings keine finanzstarken Unternehmen. Hier muss also die Gesellschaft Interesse bekunden, mahnt Schroth. "Use it or loose it" lautet daher das Motto für Barzahlungen. "In einer idealen Welt können die Bürger ihr Zahlungsmittel frei wählen. Wir leben aber in keiner idealen Welt", ergänzt dazu Starsich von der Münze Österreich.
Schuldenmachen mit Karten
Rückenwind bekommen diese mahnenden Worte zusätzlich durch die Erkenntnisse einer repräsentativen Marketmind-Studie vom Februar/März 2023 im Auftrag der Münze Österreich. Dieser zufolge spielt Bargeld eine große Rolle bei der Finanzbildung von Kindern und Jugendlichen. Sie lernen den Umgang mit Geld zu 76 Prozent durch Bargeld. Der Großteil der Eltern vermittelt dem Nachwuchs Finanzwissen anhand von Scheinen und Münzen. Taschengeld ist dabei der erste und wichtigste Berührungspunkt.
Andererseits ist bargeldloses Bezahlen bei hoch verschuldeten Menschen besonders beliebt. So kaufen 17 Prozent der via Studie Befragten ein, auch wenn sie es sich nicht leisten können, was durch Kreditkarten erleichtert wird. Über zwanzig Prozent aller unter 30-Jährigen in Österreich benötigt mittlerweile die Schuldnerberatung, das sei besorgniserregend, so Gerhard Starsich. Die Finanzexperten betonen abschließend, dass in Österreich eine Wahlfreiheit bei Zahlungsmitteln erhalten bleiben muss, und dabei spiele Bargeld eine entscheidende Rolle.