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Nur der kleine Löffel macht weise

Von Judith Belfkih

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Hohes Alter galt für Weisheit bisher stets als eine Art notwendige Bedingung. Doch das Lebensalter alleine macht noch nicht weise. Auch der viel zitierte große Löffel, mit dem man sie sich einverleiben können soll, tut dies nicht. Weisheit ist auch keine angeborene oder fixe Größe, über die Menschen durchgehend verfügen - oder eben nicht. Sie ist vielmehr eine Art innere Offenheit, die es Menschen erlaubt, von Erlebtem oder Beobachtetem zu lernen.

Kärntner Forscher haben 2016 eine Langzeitstudie zur Weisheit begonnen und nun erste Ergebnisse präsentiert. Weisheit baut sich demnach kontinuierlich in kleineren Schritten auf - sofern sie als solche erkannt werden. Weise Menschen zeichnen sich, legt die Studie nahe, vor allem durch ihre Offenheit gegenüber Menschen und Situationen aus, von denen sie etwas lernen können. Und von der Fähigkeit, auch andere Blickwinkel als den eigenen einnehmen zu können. Ein großes Maß an Selbstreflexion spielt eine ebenso zentrale Rolle wie die Konfrontation mit kritischen Lebensereignissen, die Menschen dazu bewegen, bisherige Sichtweisen und Handlungsmuster - im positiven wie im negativen Sinne - infrage zu stellen. Weisheit, so scheint es, ist das Gegenteil von ideologischer Monokultur. Die Echokammern der Sozialen Medien scheinen hier wenig förderlich - was kaum überrascht. Vor allem übermäßiges Selbstvertrauen sei, so die Forscher, weisen Entscheidungen abträglich. Menschen, die sich selbst für die Teilnahme an der Studie nominiert hatten, wurden folglich nicht berücksichtigt.