Lopatka sieht ÖVP bei Spitzenkandidat und Team vor SPÖ. | Nur bei Themenführerschaft hinten. | "Wiener Zeitung": Die steirische ÖVP scheint die Niederlage ohne Revolution zu verkraften. Wären nicht radikalere Konsequenzen notwendig?
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Reinhold Lopatka: Die Niederlage war für niemanden eine Überraschung. Das hält kein Partei aus, wenn die eigene Spitzenkandidatin aus der Partei heraus vom Ex-Landesobmann Gerhard Hirschmann am schärfsten attackiert wird. Es war nicht der Verdienst von SPÖ-Chef Voves, dass er erster geworden ist. Wenn zwei sich streiten, freut sich eben der Dritte.
Der Wahlherbst hat bisher vor allem die SPÖ gestärkt. Wie will die ÖVP bei den Nationalratswahlen wieder Erster werden?
Dazu sind drei Punkte notwendig. Erstens, wir sind die einzige Partei mit der Kompetenz, Arbeitsplätze zu schaffen.
Laut Umfragen führt hier aber die SPÖ.
Nicht aber, wenn man den Zusammenhang mit der Wirtschaft herstellt, denn nur mehr Wachstum kann letztlich Arbeitsplätze schaffen. Aber es stimmt schon: Das Bewusstsein für diese Zusammenhänge müssen wir bei den Bürgern noch stärken.
Um mehrheitsfähig zu sein, braucht es zweitens einen Regierungschef, der es kann - und Wolfgang Schüssel kann es, ganz im Gegensatz zu Alfred Gusenbauer. Drittens ist ein schlagkräftiges Team notwendig. Auch das haben wir im Gegensatz zur SPÖ. In zwei von drei Bedingungen liegen wir also vorne, nur die Themenführerschaft müssen wir uns noch erarbeiten.
Was die Rolle des Spitzenkandidaten angeht, haben aber die letzten Wahlen in Deutschland und Österreich zwiespältige Eindrücke hinterlassen. Populäre und kompetente Ministerpräsidenten wurden trotzdem abgewählt.
Hier kann ich nur den Vergleich zwischen Gerhard Schröder und Schüssel gelten lassen. Alle anderen Wahlen in den deutschen Bundesländern wurden vom übermächtigen Bundestrend gegen die SPD entschieden. Auch bei uns hat es diesbezüglich zwar einige Wölkchen gegeben, aber es war nicht so zappenduster wie in Deutschland für die SPD. Die ÖVP hat zwar in Salzburg, Kärnten und nun in der Steiermark schmerzhafte Niederlagen eingefahren, aber es wurden auch drei absolute Mehrheiten zurückerobert.
Die VP-Mannschaft, insbesondere Bildungsministerin Gehrer, steht ebenfalls im Kreuzfeuer der Kritik.
Ich bin hundertprozentig von der Strahlkraft unseres Regierungsteams überzeugt, aber natürlich zeigt es Wirkung, wenn SPÖ und Grüne jahrelang versuchen, Minister zu desavouieren.
In allen drei Ländern, wo die ÖVP verlor, wurden zum Teil haarsträubende Strategiefehler der Landesparteien begangen. Warum haben Sie nicht eingegriffen?
Was das angeht, bin ich überzeugter Föderalist. Immerhin waren nicht nur die Niederlagen, sondern auch die Siege in Niederösterreich, Tirol oder Vorarlberg hausgemacht. Die ÖVP hätte die lange SPÖ-Dominanz in den 70ern und 80ern ohne ihre föderalistische Struktur nicht so gut überstanden.
Warum greift nicht Schüssel als Parteichef stärker ein, wenn es in den Landesparteien schief läuft?
Weil Schüssel der erfahrenste Politiker ist. Würde er eingreifen, würden die Zentrifugalkräfte der Partei voll zu greifen beginnen.
Kommt in Ihren Albträumen ein Parlament mit nur mehr drei Parteien, also ohne BZÖ und FPÖ, vor?
Wahlergebnisse können für mich nie zu Albträumen werden. Persönlich halte ich sowohl ein Parlament mit drei als auch mit fünf oder sogar sechs Parteien für möglich - wer weiß, ob es nicht doch zum Antreten einer Linkspartei kommt?
Was bedeutet ein Drei-Parteien-Parlament nach den nächsten Wahlen für die VP?
Eine Option weniger und deshalb strategisch keine Verbesserung. Wenn BZÖ und FPÖ weiterhin à la Hirschmann und Klasnic agieren, werden sie auch so enden.
Ein Tipp für die Juniorpartner?
Ich rate anderen Parteien grundsätzlich nichts. Aber es gibt nichts schlimmeres für die Wähler einer Partei, wenn diese nur mit internen Streitigkeiten beschäftigt ist.