Lebensmitteleinzelhändler haben Interesse an Übernahme von einzelnen Zielpunkt-Filialen.
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Wien. Im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel wird um jeden Euro Umsatz und um jeden Prozentpunkt Marktanteil gekämpft. Die drei Branchenriesen Rewe (Billa, Merkur, Penny, Bipa und Adeg), Spar und Hofer kommen auf rund 85 Prozent. Durch die Übernahme von Filialen der insolventen Zielpunkt-Kette könnten sie noch stärker werden. Dabei werden sie sich wohl die Rosinen, sprich lukrative Geschäfte in guter Lage, herauspicken.
"Unglaublich harter Wettbewerb"
"Die Zielpunkt-Pleite ist ein Zeichen für den unglaublich harten Wettbewerb im Lebensmittelhandel", sagt Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. Der Spar-Konzern wird - wie andere große und kleine Player auch - die in Wien und in Niederösterreich, im Burgenland und in der Steiermark zur Disposition stehenden 229 Zielpunkt-Standorte "prüfen, sobald wir zu Gesprächen eingeladen werden."
Auch Marktführer Rewe und die Diskonter Hofer und Lidl zeigen sich an den zur oberösterreichischen Pfeiffer-Gruppe gehörenden Zielpunkt-Filialen interessiert. "Hofer möchte sein Filialnetz mittelfristig auf 500 Märkte in Österreich erweitern. Wir sind deshalb an neuen Standorten, die unsere Kriterien im Hinblick auf Erreichbarkeit, Lage, Größe etc. erfüllen, grundsätzlich immer interessiert und unterziehen jeden möglichen Standort einer eingehenden Prüfung", hieß es von Hofer.
Lidl will seine Expansion 2016 fortführen. Der Fokus liegt laut Sprecher Hansjörg Peterleitner auf Wien, wo Lidl derzeit nur 27 von 205 Filialen hat. "Wir haben schon vor längerem gesagt, dass Wien Potenzial für die doppelte Menge an Filialen hat", so Peterleitner.
Am 1. Dezember wird Zielpunkt wie angekündigt beim Handelsgericht (HG) Wien einen Insolvenzantrag einbringen. Laut Zielpunkt-Unternehmenssprecherin Martina Macho wird es dann in der Hand des Masseverwalters liegen, möglichst viele Assets zu verwerten, auch die "Ladenhüter".
BWB will fairen Wettbewerb sicherstellen
Wer wie viele Filialen übernehmen kann, ohne gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen zu verstoßen, wird sich zeigen, zumal die Branche im Osten Österreichs bereits hoch konzentriert ist. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), die ihren Fokus seit geraumer Zeit auf den Lebensmitteleinzelhandel gerichtet hat, wird sich allfällige Marktanteilsverschiebungen jedenfalls genau ansehen und für fairen Wettbewerb sorgen. Von Relevanz sei die geografische Marktabgrenzung, heißt es aus der BWB, wo man nun abwartet, ob Zusammenschlüsse angemeldet werden. Laut BWB-Chef Georg Thanner sei zu befürchten, dass durch den Wegfall eines großen wesentlichen regionalen Anbieters die Preise steigen. "Warten wir einmal ab", sagt dazu Richard Franta, Geschäftsführer des Bundesgremiums des Lebensmittelhandels in der Wirtschaftskammer (WKO) und verweist auf einen enormen Preisdruck nach unten. Auch Rewe und Spar sowie Pfeiffer-Eigentümer Georg Pfeiffer teilen die Befürchtung nicht.
"Wir wissen, dass die Margen - selbst der erfolgreichen Marktteilnehmer - sehr, sehr gering sind", so Pfeiffer. Online-Shopping und Hauszustellung seien Trends. Die Chancen der beiden weiterlaufenden Pfeiffer-Töchter Unimarkt und Nah&Frisch lägen darin, ein "regionaler Spezialist" zu sein. Im ländlichen Bereich seien auch die Kaufleute als Partner sehr wichtig.
Der Unternehmensberater Andreas Kreutzer von Kreutzer, Fischer und Partner Consulting verwies gegenüber der APA auf den hohen Standortwettbewerb, vor allem in Wien. Es sei zu erwarten, dass nicht alle Zielpunkt-Filialen übernommen werden, aber manchmal würden auch irrationale Entscheidungen getroffen. In Österreich kämen auf eine Million Einwohner rund 440 Lebensmittelmärkte, in der Schweiz seien es mit rund 200 weniger als die Hälfte.
"Ich denke, die BWB wird auch in bewährter Weise ein scharfes Auge darauf haben, dass der Wettbewerb gesund bleibt, dass die Konzentration nicht weiter fortschreitet", so Pfeiffer.
In Wien strukturelle Bereinigung nötig
Strukturell sei in Wien eine Bereinigung nötig, es gebe mit rund 860 Lebensmittelmärkten rund gleich viel wie in Oberösterreich, so Kreutzer. Wien habe aber nur rund ein Zwanzigstel der (besiedelten) Fläche von Oberösterreich. Bei der Einwohnerzahl schaut das freilich anders aus. Pfeiffer hatte gemeint, in Wien würden alle Ketten ausbauen wollen.
Die knapp 3000 von der Zielpunkt-Pleite betroffenen Mitarbeiter werden es jedenfalls nicht leicht haben, ohne Übernahme einen neuen Job zu finden. "Es darf sich jeder bewerben, wir suchen immer gute Mitarbeiter", sagt Spar-Sprecherin Berkmann. Und: "Wir haben immer wieder Personalbedarf auf allen möglichen Ebenen." Spar beschäftigt österreichweit 41.000 Mitarbeiter. Derzeit sind 2700 Lehrlinge in Ausbildung. Der Spar-Konzern (Spar Holding AG) hat im ersten Halbjahr 2015 mit 4,41 Milliarden. Euro einen um 3 Prozent höheren Umsatz als im Vergleichszeitraum des Vorjahres erzielt.
Auch beim Branchenprimus Rewe betont man, man sei stets selbst stets auf der Suche nach qualifizierten Angestellten. Rewe hat rund 40.700 Mitarbeiter (ohne Adeg).