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Nur die Guten sterben früh

Von Eva Stanzl

Wissen
"Denn sie wissen nicht, was sie tun": US-Schauspieler und Rebell James Dean wurde 24 Jahre alt. Foto: corbis

Nicht persönliches Glück, sondern die Arbeit verlängert das Leben. | Die Ehe lässt die Männer länger leben, jedoch nicht die Frauen. | Wien. Warum verhalten sich manche 70-Jährige wie Greise, während andere wie Mitte 50 aussehen - und sich auch so fühlen? Neben dem biologischen Alter, das am Zustand der Gewebe, Organe und körperlichen Fitness gemessen wird, liegt einer der Gründe dafür im Charakter. US-Forscher haben in einer Langzeitstudie einen Zusammenhang zwischen der Persönlichkeit und der Lebenserwartung gezeigt. Diese stellt so manche Annahmen auf den Kopf: Etwa stirbt demnach kaum jemand an langen Arbeitszeiten oder Stress im Job.


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"Viel Arbeit, die Erfolg bringt, ist überhaupt kein Problem für die Gesundheit. Vielmehr sterben eher unbekümmerte und leichtlebige Menschen, die vielleicht auch weniger erfolgreich sind, eher früher", erklärt der Psychologe Howard Friedman von der University of California in Riverside: Kontinuierlich produktive Männer und Frauen leben länger als jene, die es ruhiger angehen.

Im Rahmen des "Logevity Project" haben Friedman und seine Kollegin Leslie Martin über einen Zeitraum von 20 Jahren Persönlichkeitsmerkmale und Schicksale von 1500 begabten Kindern analysiert, die im Jahr 1921 zehn Jahre alt waren. Glück und Gesundheit hängen jedoch nicht in der Art und Weise zusammen, wie sie es sich die Forscher erwartet hatten: Nicht die fröhlichsten und humorvollsten der um 1911 geborenen Mädchen und Buben erreichten ein hohes Lebensalter. Sondern die vorsichtigsten und hartnäckigsten Individuen, die am gesündesten blieben, lebten am längsten.

Die Autoren sehen auch einen Zusammenhang zwischen Langlebigkeit persönlichen Entscheidungen. Unbekümmerte Luftikusse neigten zu riskanten Lebensentscheidungen und kümmerten sich wenig um Gesundheit, Sicherheit oder kontinuierlichen Erfolg. Was letztlich ihr Leben verkürzte. "Es bilden sich Grundmuster des Verhaltens heraus, die von einer eleganten Einfachheit sind: Viele Begebenheiten, die wir als Zufälle betrachten, sind in Wirklichkeit das Ergebnis vorheriger Entscheidungen und Vorstellungen", erteilt Martin ein Beinahe-Rezept, wie Menschen ihr Schicksal steuern könnten. Wären sie sich ihrer eigenen Grundmuster gewahr.

Allerdings warnen die Forscher davor, anzunehmen, dass man ein langes Leben vorsätzlich planen könne. "Die kausalen Verbindungen sind zu komplex, Persönlichkeit ist nur ein Faktor. Zählt man Einflüsse von Immunität, Krankheit oder Umwelt dazu, zerfallen etwaige eindeutigen Modelle." Die Verbindung von Charakter und Gesundheit diene ausschließlich dem besseren Verständnis von Langlebigkeit.

Individuelle Unterschiede

Ausgangspunkt der Studie war unbefriedigendes wissenschaftliches Datenmaterial. "Es war lediglich klar, dass manche Menschen eher erkranken, langsamer genesen oder früher sterben, während andere im selben Lebensalter voll erblühen", so Friedman. Verantwortlich dafür wurden alle möglichen Faktoren gemacht: Ängstlichkeit, Bewegungsmangel, nervenzerrüttende Arbeitsbedingungen, Unglaube oder Pessimismus. Niemand hatte jedoch große Menschengruppen über einen längere Zeitraum studiert.

Friedman und Martin halfen die Unterlagen ihres 1956 verstorbenen Kollege Lewis Terman, der 1921 eine Gruppe von hochbegabten Kindern zu studieren begonnen hatte. Deren Lebenswege und Todesumstände untersuchten die Psychologen nun. Sie wurden mit klaren Antworten belohnt.

Etwa stellte sich auch heraus, dass das Eheleben zwar gut für die Gesundheit von Männern ist, für Frauen jedoch keine große Rolle spielt. Während verheiratete Männer mit großer Wahrscheinlichkeit 70 oder älter wurden, erlebten weniger als ein Drittel der geschiedenen Männer ihren 70.Geburtstag. Geschiedene Frauen dagegen wurden nahezu genauso alt wie ihre verheirateten Geschlechtsgenossinnen.