Nach ihrem Erfolg bei den Kommunalwahlen rechnet May mit einem Erdrutschsieg am 8. Juni.
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London. Fünf Wochen vor den britischen Unterhauswahlen zeichnet sich ein Wahltriumph für die regierenden Konservativen am 8. Juni ab. Bei den Kommunalwahlen, die am Donnerstag in weiten Teilen Großbritanniens stattfanden, erzielten die Tories unter Theresa May ihr bestes Ergebnis seit vielen Jahren. Nach Auszählung aller 88 Wahlkreise gewannen die Tories 1900 Sitze - das sind 558 mehr als bei den vorhergehenden Wahlen. Die oppositionelle Labour Party kam dagegen deutlich ins Straucheln, mit 1151 Sitzen musste sie einen Verlust von 320 Mandaten hinnehmen. Den Liberaldemokraten gelang kein Durchbruch, obwohl sie sich als "pro-europäischen" Kontrapunkt zu den Konservativen in Szene gesetzt hatten.
Die rechtspopulistische Unabhängigkeits-Partei Ukip brach am dramatischsten ein. Zehntausende bisherige Ukip-Wähler liefen zu den Tories über. Ukip, die bei den Parlamentswahlen vor zwei Jahren noch fast 13 Prozent aller Stimmen auf sich vereinigt hatte, konnte ihre 114 bisherigen Mandate nicht verteidigen und gewann nur einen neuen Sitz hinzu. Grund für diesen spektakulären Niedergang ist, dass die Unabhängigkeitspartei ihr großes Ziel erreicht hat - den Austritt Großbritanniens aus der EU. Außerdem ist es Tory-Chefin May seit dem Referendumsbeschluss vom letzten Juni gelungen, sich der Nation als "Brexit-Premierministerin" zu präsentieren.
May hat einen "harten Brexit" inklusive Verlassen des EU-Binnenmarkts und der Zollunion angekündigt. Noch am Mittwoch, einen Tag vor den Kommunalwahlen, hatte sie bei einem dramatischen Auftritt "Brüsseler Bürokraten", "europäische Medien" und EU-Politiker scharf angegriffen und ihnen vorgeworfen, sie mischten sich unzulässig in die britischen Wahlen ein. Sie hatte erklärt, die Union "bedrohe" Großbritannien, doch ihre Regierung werde dafür sorgen, dass man von der EU nicht "überfahren" werde. Am Donnerstagmorgen, als die Gemeinderatswahllokale ihre Tore öffneten, erschienen viele britische Zeitungen mit Schlagzeilen wie "Hände weg von unseren Wahlen!". Das, kommentierte der linksliberale Guardian, sei "genau das Image gewesen, das Tory-Strategen in die Köpfe der Wähler pflanzen wollten, als diese an die Urnen gingen."
Der Ukip-Vorsitzende Paul Nutall erklärte am Freitag, seine Partei habe den Preis dafür bezahlt, dass Großbritannien nun die EU verlasse und die Tories Ukips "patriotische Mission" übernommen hätten. Dem stimmte der frühere schottische Regierungschef Alex Salmond zu. Die Konservativen, sagte er, hätten "Ukip eliminiert, indem sie selbst Ukip wurden".
Für Douglas Carswell, der Ukips einziger Unterhaus-Abgeordneter war, nun aber zu den Konservativen zurückgekehrt ist, ist es "vorbei" für Ukip. Von allen Seiten wurde Nutall geraten, die Partei aufzulösen.
Niedrige Wahlbeteiligung
Starke Verluste verzeichnete auch die Labour Party in ihren traditionellen Hochburgen Nordenglands und Schottlands. Auch in den "roten" Tälern von Wales verlor die Partei an Rückhalt. Besonders bitter war der Verlust der Stadtrats-Mehrheit von Glasgow, die die Partei seit 1980 innegehabt hatte. In manchen städtischen Hochburgen wie in Liverpool oder Cardiff konnte Labour sich zwar halten, in vielen ländlichen Gebieten aber wurde die Partei von den Tories praktisch überrollt.
Der Labour-Abgeordnete Stephen Kinnock sprach von "katastrophalen" Verlusten und machte Labour-Chef Jeremy Corbyn dafür verantwortlich. Weder Labour noch die Konservativen wollen das Wahlergebnis als Vorzeichen für die Parlamentswahlen in fünf Wochen werten. Beide verweisen auf die relativ niedrige Wahlbeteiligung und auf die "besonderen Umstände" in vielen Lokalitäten.
Labours Schatten-Schatzkanzler John McDonnell erklärte, im Wahlkampf der nächsten fünf Wochen hätten die Wähler Gelegenheit, Parteichef Corbyn, einen "ehrlichen, anständigen und prinzipienfesten" Menschen, besser kennenzulernen. Und die Konservativen wollen nicht den Eindruck erwecken, dass sie die Unterhauswahlen bereits so gut wie gewonnen haben. Als klare Favoriten müssen sie ihre Wähler verstärkt zum Urnengang am 8. Juni animieren.