Laut Politikexperten Thomas Hofer erzeugt die Elefantenrunde einen "Freezing-Effect", der alles in seinen Bann zieht.
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Wien. Alles schaut gebannt auf die Elefantenrunde. Es ist bei dieser Wahl der einzige Event im Fernsehen, bei dem die Spitzenkandidaten aufeinander treffen. Dabei wäre doch das Duell Michael Häupl gegen Heinz-Christian Strache so spannend gewesen. Aber dafür hätte zumindest der ORF wegen seines öffentlich rechtlichen Auftrags jeden gegen jeden antreten lassen müssen. "Und das wäre den Zusehern zu langweilig gewesen", heißt es dazu aus ORF-Kreisen.
Das bestätigt auch Politologe Thomas Hofer. "Dass die anderen Konfrontationen große Aufmerksamkeit nach sich gezogen hätten, wage ich sehr zu bezweifeln", erklärt er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Bereits beim letzten Nationalratswahlkampf habe man sehen können, dass das Format jeder gegen jeden einen Überfluss produziere, der den Zuschauern schnell zu viel werde. "Das einzige spannende Duell muss jetzt in dieser Fünferrunde abgehandelt werden. Ein echter Schlagabtausch kommt da nur sehr selten zustande - insofern ist das nur ein halbes Duell", so der Experte.
Auf die Frage, welche Wirkung eine solche öffentliche Diskussion auf die Wähler hat, verwies Hofer auf den sogenannten Freezing-Effect: "Es wird alles eingefroren rundherum. Alles starrt wie gebannt auf diese eine TV-Konfrontation, und die Kampagnen der Parteien kommen zum Erliegen - und zwar nicht nur an diesem Abend, sondern auch in der Sekundärvermittlung". Sprich: Auch die Print- und Onlinemedien werden sich laut Hofer nachhaltig auf die Diskussion und deren Interpretation konzentrieren. "Dazu kommt, dass es die allerletzte und wahrscheinlich auch einzige Möglichkeit für die drei kleinen Parteien - also Grüne, Neos und ÖVP - ist, auf Augenhöhe mit den anderen zu diskutieren. Diese Chance müssen sie wahrnehmen, um überhaupt einmal Aufmerksamkeit zu bekommen."
FPÖ könnte noch im Teich der Unentschlossenen fischen
Ein gewisses Aufmerksamkeitsgefälle bei kleineren Parteien, etwa bei einer Nationalratswahl sei völlig normal. Aber mit dieser Wahl nicht zu vergleichen. Hier seien die kleinen Parteien regelrecht an den Rand gedrängt worden, meint Hofer. Zudem glaubt der Politologe - im Übrigen entgegen der Meinung anderer Kollegen seines Berufsstandes -, dass die Blauen nach der TV-Konfrontation doch noch im Becken der Unentschlossenen fischen könnten. "Normalerweise ist es so, dass sich die eigenen Anhänger bei solchen Events eine Bestätigung für die eigene Meinung suchen. Insofern muss man vorsichtig sein, denn wegen einer TV-Diskussion wechseln nicht Hunderttausende ihre Farbe." Das sei lediglich einmal Jörg Haider 2008 in der Elefantenrunde gelungen. Oder es trete der Fall ein, dass einer der Spitzenkandidaten schwer in die Defensive kommt oder einen eklatanten Fehler macht.
"Das sind aber nur Ausnahmen. Generell wird ein Blauer immer sagen, der Strache hat dominiert, und ein Roter wird sagen, der Häupl hat’s dem Strache aber wieder gegeben." Bei der Wahl am Sonntag könnte es laut Hofer aber doch wieder besagte Ausnahmen geben. "Gerade die Systemverdrossenen könnten sich denken: Diesmal geht was - Stichwort Revolution," so Hofer.
Demnach könnte auch die Einstellung: "Eh wurscht, was ich wähle, was rauskommt, steht eh schon vorher fest" erstmals ins Wanken geraten. So könnte sogar Häupl genau die sogenannten Leihstimmen bekommen, die er braucht. "Nämlich von Grünen, Neos und ÖVP - genau in der Reihenfolge von der Anzahl her -, die ihn in der Folge auf Platz 1 hieven könnten." Aber das kann laut Hofer nur funktionieren, wenn sich die Diskussion nicht Richtung Bilanz von Rot-Grün entwickelt. Für Hofer "eine schwierige kommunikative Herausforderung für Häupl", der sich in seiner Amtszeit in solchen Konfrontationsrunden noch nie besonders gut profilieren konnte.
"Ein Kreide gefressen habender Heinz-Christian Strache"
Generell bezeichnet Hofer den Wahlkampf bisher als einen relativ ruhigen - "vor allem wenn man bedenkt, dass es diesmal um viel geht". Das sei zum einen der Tatsache geschuldet, dass die Flüchtlingsthematik alles Parteipolitische "gekillt" habe. Und zum anderen habe sich - wie laut Hofer zu erwarten war - die FPÖ bewusst sehr zurückhaltend gezeigt. "Überfremdung und Daham statt Islam haben wir dieses Mal nicht auf den Plakaten gelesen - aus ganz nachvollziehbaren Gründen: Die wollten einfach nicht zündeln, weil es ihre Möglichkeiten begrenzt oder ihre Strahlkraft genommen hätte", meint der Experte. Vor diesem Hintergrund verwundere es nicht, dass man dieser Tage einen "Kreide gefressen habenden" Heinz-Christian Strache sehen könne, der sich bewusst staatsmännisch zeigt.