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Nur ein Tabubruch kann die Krise beenden

Von Hermann Sileitsch

Analysen

Das schwächste Glied der Eurozone ist als Nächstes an der Reihe: Bisher konnte nichts diese Marktdynamik durchbrechen - weder die Notkredite für Griechenland, noch die Installierung des Euro-Schutzschirmes zogen einen Schlussstrich unter die Finanzierungssorgen der schwächeren Eurozonen-Länder.


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Warum nicht? Europa-Politiker erzählen gerne die Geschichte, dass weltweite Spekulanten die Gemeinschaftswährung aufs Korn nehmen. "Es geht hier um eine weltweit organisierte Attacke gegen den Euro", begründete Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker im Mai 2010 den 750-Milliarden-Euro-Schirm.

Das ist aber bestenfalls ein Teil der Wahrheit: Denn massiver Druck wird auf die Staatsanleihen von Europas eigenen Banken ausgeübt. So haben alleine Österreichs Banken zwischen Herbst 2009 und Sommer 2010 ihr Irland-Risiko massiv verringert. Statt 9,3 Milliarden US-Dollar hatten sie nach jüngsten verfügbaren Zahlen nur noch 4,6 Milliarden Dollar an offenen Forderungen.

Risikoflucht der Banken

Ganz ähnlich verhält es sich mit deutschen Banken: Diese waren Ende 2009 mit 184 Milliarden Dollar in Irland engagiert, zuletzt nur noch mit 139 Milliarden Dollar. Ähnlich in Spanien: Vor einem Jahr hatten deutsche Institute dort 238 Milliarden Dollar offen, zuletzt waren es 182 Milliarden.

Das ist an sich eine vernünftige Reaktion: Wenn Banken übergroße Risiken identifizieren, sollten sie diese in ihren Bilanzen reduzieren. Die Konsequenz ist aber, dass die Staatsanleihen des jeweiligen Landes unter Druck geraten. Kurse sinken, Zinsen steigen, die Schuldenlast wiegt immer schwerer.

Es sind also nicht allein Hedgefonds und andere unter Generalverdacht stehende Finanzinvestoren schuld, wenn die Euro-Peripherie unter Druck gerät. Mitverantwortlich ist eine breite Flucht europäischer Banken und wohl auch Pensionsfonds. Diese steigert den Druck - wie zuvor bei Griechenland oder jetzt Irland - den Rettungsschirm zu aktivieren. Dadurch können die Banken (mit einer Staatspleite drohende) Verluste ganz abwenden: eine ungesunde Konstruktion.

Verstärkt wurde die Fluchtreaktion durch den deutsch-französischen Vorstoß, wonach Anleihengläubiger nach 2013 bei Staatspleiten das Risiko ihrer Investitionen tragen und Abschläge in Kauf nehmen müssen. Das ist an sich ein strukturell sinnvoller Ansatz, aber nichts, das man in einer akuten Krisensituation wie ein Banner vor sich hertragen sollte: Die Eurozone braucht die Investoren, nicht umgekehrt.

Im Moment sitzen diese jedenfalls am längeren Ast. Sie wissen, dass eine Pleite innerhalb der Währungsunion derzeit undenkbar ist. Und sie haben Alternativen, wohin sie ausweichen können.

Lösung will keiner hören

Man kann es nicht oft genug betonen: Diese Krise ist nicht eine der Währung Euro, sondern eine der Währungsunion, die ein institutionelles Fehlkonstrukt ist.

Das Problem ist, dass alle Euro-Länder sich bei der Finanzierung ihrer Staatsschulden alleine auf dem (und notfalls gegen den) Markt behaupten müssen, zugleich aber nicht ihre Währung abwerten können.

Jetzt sprechen immer mehr prominente Stimmen das Naheliegende, aber politisch Undenkbare auch tatsächlich aus: Der Deutsche Thomas Mirow, Chef der Osteuropabank EBRD, denkt im "Handelsblatt" über einen Transfermechanismus innerhalb der Währungsunion nach. Man müsse den Deutschen erklären, wie sehr gerade sie als Exportmacht vom Euro profitieren. Währungsfonds-Chef Dominique Strauss-Kahn spricht in "Les Echos" sogar von einem gemeinsamen Arbeitsmarkt - samt abgestimmter Besteuerung und Sozialsysteme.

Die Union als Ganzes ist tatsächlich wirtschaftlich unverändert stark - und sie sollte diesen Vorteil bei ihrer Finanzierung nützen. Das hieße, den Euro-Schutzschirm, bei dem alle Länder für gemeinsame Anleihen garantieren, von Notfallstransaktionen auf große Teile der nationalstaatlichen Finanzierung auszuweiten. Zugleich müsste eine rigid kontrollierte Fiskalpolitik die Haushalte der einzelnen Länder streng in die Verantwortung nehmen - sonst handelt man sich langfristig noch schlimmere Schulden als in Griechenland oder Irland ein.

Wie eine EU, die ein Jahrzehnt für vergleichsweise banale Vertragsänderungen braucht, je so weit kommen soll, steht aber in den Sternen der Europa-Fahne...