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Nur ein Thema dominiert die Wahl im Baskenland: Der ETA-Terror

Von Daniel Woolls

Politik

Guernica - Auf ein symbolträchtigeres Datum hätte der offizielle Wahlkampfauftakt im spanischen Baskenland nicht fallen können: Seit der Nacht zum Freitag dürfen die Parteien in der nordspanischen Region Plakate aufhängen und offizielle Wahlkundgebungen abhalten, um ihre Anhänger für die Parlamentswahl am 13. Mai zu mobilisieren.


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Am 26. April des Jahres 1937 machte das deutsche Luftwaffengeschwader Legion Condor im Auftrag des späteren Diktators Francisco Franco die Stadt Guernica binnen drei Stunden dem Erdboden gleich.

Als Ziel des Angriffs hatte Franco die Stadt ausgewählt, die seit dem Mittelalter das Symbol des baskischen Natiutsche Luftwaffengeschwader Legion Condor im Auftrag des späteren Diktators Franconalismus ist. Unter der Eiche von Guernica schworen die spanischen Könige, die Rechte der Basken zu respektieren. Die Schrecken des Luftangriffs auf Guernica, der bis zu 1.600 Todesopfer forderte, verewigte der Maler Pablo Picasso in seinem gleichnamigen Bild. Am Donnerstagabend erinnerten in Guernica 1.000 Kerzen in Form eines Wagenrades an die Opfer des Angriffs.

Die Regionalwahl in zwei Wochen könnte ebenfalls zu einem entscheidenden Datum in der baskischen Geschichte werden: Erstmals seit der Autonomieregelung im Jahr 1978 haben die gesamtspanischen Parteien die Chance, die Regierung der wohlhabenden Region ohne Beteiligung baskischer Nationalisten zu stellen. Ermöglicht wird dies durch die blutigste Terrorwelle der Untergrundorganisation ETA seit einem Jahrzehnt. Nach dem Ende ihrer Waffenruhe Ende 1999 ermordete die Organisation 29 Menschen, darunter Politiker der konservativen Volkspartei (PP) und der Sozialisten (PSOE), aber auch Journalisten und Pazifisten, die für ein Ende der Gewalt eintraten.

Nur ein Thema dominiert den Wahlkampf: Unabhängigkeit von Spanien oder Erhalt der bisherigen Autonomie. Den baskischen Ministerpräsidenten stellte seit Jahrzehnten stets die bürgerliche Baskische Nationalpartei (PNV). Die PNV lehnt Gewalt zum Erreichen der Unabhängigkeit zwar ab, ließ sich aber in der abgelaufenen Legislaturperiode von dem ETA-nahen Wahlbündnis Euskal Herritarrok (EH, Baskische Bürger) stützen.

Der Kandidat der konservativen Volkspartei, der frühere spanische Innenminister Jaime Mayor Oreja, startete seinen Wahlkampf in der Nacht zum Freitag in seiner Heimatstadt Bilbao. Vor mehreren hundert Menschen warf er der bisherigen Regierung vor, sich dem Druck der ETA zu gebeugt zu haben. "Die Wahl wird darüber entscheiden, ob die ETA weiterhin die Befehle gibt, oder ob wir eine Regierung bilden, die sich klar gegen die ETA stellt", rief er. Wie knapp die Hälfte der Bewohner des Baskenlandes ist Mayor Oreja eigentlich spanischer Abstammung. Er lehnt eine baskische Unabhängigkeit ebenso wie Verhandlungen mit der ETA strikt ab und setzt auf die Polizei, um den Jahrzehnte alten Konflikt zu beenden.

30 Kilometer südlich von Bilbao begann das Bündnis EH seinen Wahlkampf in dem Weiler Ajangiz oberhalb von Guernica. Parteichef Arnaldo Otegi erinnerte an den Bombenangriff von 1937 und zeigte auf Stadt. "An jenem Tag töteten sie unsere Kinder", rief er. "Damals waren wir wehrlos. Aber nun haben wir eine Wand von Fäusten geschaffen." Die Haltung seiner Partei sei klar. "Wir lassen keinen Zweifel daran, wer wir sind: Basken für die Unabhängigkeit." Im Gespräch mit AP vergleicht Otegi Mayor Oreja mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon. Ebenso wie nach dessen Wahlsieg werde bei einem Erfolg Mayor Orejas die Gewalt im Baskenland eskalieren. "Wir betrachten ihn als Option für den Krieg."

Der 79-jährige Luis Iriondo aus Guernica überlebte die Luftangriffe vor 64 Jahren. Er schildert, wie ihm außerhalb eines überfüllten Luftschutzkellers mit jeder Explosion heißer Dampf ins Gesicht wehte. "Alles war Feuer", erzählt er. "Die ganze Stadt brannte." Iriondo glaubt nicht an eine Friedenslösung im Baskenland, keine der politischen Parteien habe konkrete Ideen für ein Ende der Gewalt. "Wer auch immer gewinnt, alles wird bleiben, wie es ist."