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Faymanns SPÖ braucht Ausweg aus der Abwärtsspirale. | Prölls ÖVP bangt um Fortsetzung ihres Höhenflugs. | Wien/Eisenstadt.Rational betrachtet, ist der Ausgang der burgenländischen Landtagswahl am Sonntag bundespolitisch völlig irrelevant. Zur Stimmenabgabe aufgerufen sind nur vier Prozent der österreichischen Wahlberechtigten - allein die steirische Landeshauptstadt Graz wirft so gesehen mit ihren 290.000 Einwohnern mehr politisches Gewicht in die Waagschale.
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Aber Österreichs Bundespolitik agiert nicht immer rational, schon gar nicht, wenn die beiden Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP um die Nummer eins im Land rittern. Diesbezüglich hat zwar die letzte Nationalratswahl 2008 ein klares Urteil zugunsten der Sozialdemokraten gefällt, seitdem jedoch ging es mit der Partei von Bundeskanzler Werner Faymann bei sämtlichen Wahlen bergab - und das zum Teil recht steil. Was wiederum die Volkspartei von Vizekanzler Josef Pröll dazu verführt, sich als heimliche Nummer eins im Land zu fühlen.
Das Halten der absoluten Mehrheit für Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) könnte für Faymann die so dringend benötigte Trendwende im bundespolitischen Stimmungsbarometer bringen. Dabei geht es weniger um das Burgenland selbst - das kleine Land dient vor allem als Test für die bundespolitisch ungleich wichtigeren Wahlgänge in der Steiermark und in Wien im Herbst. Ein Verlust der roten Absoluten in Eisenstadt hinge aus Sicht der SPÖ wie ein Damoklesschwert über den Herbstwahlen. Statt über die Wiederauferstehung der SPÖ würden die Medien in den nachrichtenarmen Sommermonaten dann wohl vor allem über Schreckensszenarien für Franz Voves und Michael Häupl orakeln. Ein veritabler Alptraum aus Sicht der SPÖ-Strategen.
Stillstand
Es ist vor diesem wahlpolitischen Hintergrund zu sehen, dass die Bundesregierung in den vergangenen Wochen die innenpolitische Sacharbeit weitgehend ruhend gestellt hat: Die notwendigen Grausamkeiten für den Sparhaushalt der kommenden Jahre werden bis zum Spätherbst, wenn alle Wahlen geschlagen sind, unter Verschluss gehalten; über die dringende Reform der Hacklerpension wird der Mantel des Schweigens gebreitet; dafür geben sich beide Regierungsparteien für eine Verlängerung der weitgehend als teuer, aber wirkungslos erachteten Beruhigungspille namens Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Grenze her. Das gemeinsame Motto von SPÖ und ÖVP: Bis zum Herbst nur ja keine potenziellen Wähler vergraulen.
Strategisch ist die Burgenland-Wahl aber noch aus einem anderen Grund interessant: Niessl hat im Wahlkampf mit Asyl und Sicherheit auf prononciert rechte Themen gesetzt - und damit auch den linken Flügel der SPÖ vor den Kopf gestoßen. Sollte es ihm damit aber gelingen, den Aufstieg der FPÖ in Grenzen zu halten, hätte aus Sicht der Partei wohl der Zweck die Mittel geheiligt. Nachahmung im Bund und in weiteren Landesparteien wäre dann wohl garantiert. Tatsächlich setzt auch die Wiener SPÖ schon seit Monaten auf einen rigideren Sicherheitskurs, um die Abwanderung ihrer Kernklientel im Gemeindebau zu Heinz-Christian Strache einzudämmen.
Gerüchteküche
Machtpolitisch hat die ÖVP im Burgenland seit 1964, als sie den Landeshauptmannsessel an die SPÖ abgeben musste, nichts mehr zu verlieren. Ob die Landespartei ein paar Prozentpunkte verliert oder dazugewinnt, könnte Josef Pröll daher egal sein, wäre bei einem Minus nicht sein Stimmungshoch im Bund gefährdet. Dasselbe gilt auch für FPÖ und Grüne - für beide ist der Sonntag ein Stimmungstest für die Wahlen in Wien und in der Steiermark.
Zum politischen Spiel dieser Tage gehört natürlich auch eine brodelnde Gerüchteküche. So heißt es, dass die ÖVP im Spätherbst auf Neuwahlen im Bund setzen könnte, sollten im Burgenland und in Wien die SPÖ-Absolute, in der Steiermark Franz Voves fallen. Die Volkspartei will davon nichts wissen und vermutet die SPÖ hinter diesen Gerüchten. Psychologische Kriegsführung mit innenpolitischen Mitteln eben.