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Nur für eine "kleine Weile"

Von WZ-Korrespondentin Karin Bachmann

Wirtschaft

Jobsuchende freuen sich auf qualifizierte Arbeit. | Chance, künftig besser zu verdienen. | Bratislava. Knapp zwei Monate vor dem Wegfall der Beschränkungen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt auch für Slowaken hält sich die Vorfreude zumindest bei den potenziellen neuen Arbeitnehmern in Grenzen. Der Jubel von Politikern, wonach "wir ab dem 1. Mai endlich ganz in der Europäischen Union angekommen und damit ebenbürtig sind", lässt sie eher ungerührt.


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Hört man sich in Bratislava auf dem Hauptbahnhof oder in der Station Petrzalka um, wo die Züge nach Wien abfahren, fallen die Antworten recht nüchtern aus. Ein Handwerker freut sich, dass er seine Leistungen ab dem 1. Mai problemlos auch grenzüberschreitend anbieten kann. Mancher ist sogar regelrecht sauer, dass er künftig nicht mehr um Sozialabgaben herumkommt, wenn er nicht mehr schwarz, sondern legal als Kellner in Österreich jobbt.

Doch vor allem junge Leute sind begeistert, dass sie künftig viel leichter qualifizierte Arbeitserfahrungen im Ausland sammeln können. Denn diese seien auch bei slowakischen Arbeitgebern immer mehr gefragt. "Da kann dann keiner mehr damit prahlen, er habe in Irland exzellent Englisch gelernt, obwohl er eigentlich nur Hühner ausgenommen hat. Da werden die Unternehmen künftig bestimmt viel strenger nachhaken", meint eine Studentin. Sie spielt darauf an, dass junge Slowaken nach dem EU-Beitritt 2004 mit Vorliebe auf irischen Geflügelfarmen jobbten, weil sie dort gut verdienen konnten, ohne zuvor bürokratische Hürden nehmen zu müssen.

Familie vielen zu wichtig

Bessere Verdienstmöglichkeiten sind für viele das wichtigste Argument, ihr Glück nach dem 1. Mai in Österreich zu versuchen, das aber eigentlich auch nur für eine "kleine Weile". Dazu ist den Slowaken in der Regel ihre Familie zu wichtig. "Außerdem haben wir doch in Bratislava längst alles, wir müssen uns unsere Träume nicht mehr anderswo erfüllen", sagt ein älterer Herr.

Unternehmer wiederum haben offenbar wenig Sorgen, dass ihnen durch die anstehende Arbeitsmarktöffnung gen Westen Arbeitskräfte abhanden kommen. "Uns bereitet eher Sorge, wie wir den sich abzeichnenden wirtschaftlichen Aufschwung meistern. Wir können die Kapazitäten wahrscheinlich nicht wie erforderlich ausweiten, weil uns Fachkräfte fehlen. Das aber ist ein altes Problem und hat nichts mit dem 1. Mai zu tun", heißt es bei Auslandsinvestoren.

Deutschsprachige Offizielle, allen voran der deutsche Botschafter Axel Hartmann, wittern mit Blick auf die anstehende Arbeitsmarktöffnung neue Perspektiven für die Vermittlung der deutschen Sprache in der Slowakei. An sich hat Deutsch wegen der karpatendeutschen Minderheit eine lange Tradition. Zuletzt maturierten in Deutsch aber nur noch halb so viele Schüler wie in Englisch. Hartmann argumentiert damit, dass der slowakische Arbeitsmarkt gerade die vielen Absolventen technischer Hochschulen gar nicht aufnehmen könne, diese hätten aber gute Chancen in Deutschland. Einem "Brain Drain" werde damit kein Vorschub geleistet. Es sei Sache der slowakischen Unternehmen, mit attraktiven Konditionen um Mitarbeiter zu werben.