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Die Regierung wollte die Rot-Weiß-Rot-Karte an den "Bedürfnissen der Wirtschaft" neu ausrichten. Doch die ist mit dem Gesetzesentwurf nur zum Teil einverstanden.
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Wien. Die Bundesregierung wollte die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte "an den Bedürfnissen der heimischen Wirtschaft" ausrichten. So steht es im Arbeitsprogramm von ÖVP und FPÖ. Genau daran werden die Koalitionsparteien nun von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung erinnert, beide Interessensgemeinschaften sind mit dem Entwurf nicht gänzlich glücklich, wie aus den Stellungnahmen zum Ministerialentwurf hervorgeht. Die Begutachtungsfrist für die geplante Gesetzesnovelle ist nun abgelaufen.
Im Zentrum der Reform steht zum einen die Absenkung der Einkommensnachweise für Schlüsselarbeitskräfte aus dem Nicht-EU-Ausland. Mit dieser Maßnahme sind die Wirtschaftsverbände auch zufrieden, allerdings bemängeln sie die zeitliche Befristung auf drei Jahre. Dies sei "ungerechtfertigt", schreibt die IV. Die andere wesentliche Änderung betrifft eine Aufenthaltsbewilligung für Lehrlinge aus Drittstaaten. Das ist neu - aber für die Wirtschaft ungenügend gelöst.
Die neue Regelung beschränkt sich auf unter 24-Jährige aus Drittstaaten, die bereits einen Aufenthaltstitel als Schüler vorweisen können. Das schließt eine Neuzuwanderung aus Gründen der Lehre, wie es die Wirtschaftskammer gefordert hat, ebenso aus wie Asylwerber, die bereits in Österreich aufhältig sind. Beides wird kritisiert, allerdings nicht nur von den Wirtschaftsverbänden. Auch der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft sowie den Ämtern der Wiener und Vorarlberger Landesregierungen geht diese Lösung nicht weit genug.
Tatsächlich geht aus der Folgeabschätzungen hervor, dass dieser neu geschaffene Aufenthaltstitel für Lehrlinge nur für geschätzt 23 Personen pro Jahr infrage kommt. Dies ergibt sich aus den derzeit ausgestellten Aufenthaltsbewilligungen für Schüler, die eine Voraussetzung darstellen.
Arbeitnehmerverbände befürchten Lohndumping
Dass die Regierung in Sachen Lehre für Asylwerber hart geblieben ist und keine Möglichkeit dafür vorgesehen ist, wird in fast allen Stellungnahmen kritisiert. Der Tenor: Durch die geplante Regelung werde nur eine Rechtslücke geschlossen, eben für in Österreich lebende Schüler und Schülerinnen aus Drittstaaten, die eine Lehre absolvieren wollen. Es werde aber nicht die bestehende (wenn auch kleiner gewordene) Lehrstellenlücke geschlossen.
Umfassendere Kritik an der Novelle des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sowie des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes kommt von den Arbeitnehmerverbänden. Sie stoßen sich an der Absenkung der Einkommennachweise, also an jenem Punkt, der nach dem Geschmack der Wirtschaft gestaltet wurde.
Man verabschiede sich damit von dem Prinzip, dass Schlüsselkräfte eine überdurchschnittliche Bezahlung erhalten sollen, heißt es von der Arbeiterkammer. Statt wie bisher 50 Prozent der Höchstbemessungsgrundlage sollen für unter 30-Jährige künftig 40 Prozent reichen, um als Schlüsselarbeitskraft anerkannt zu werden. Bei über 30-Jährigen sinkt der Satz von 60 auf 50 Prozent. In absoluten Zahlen bedeutet dies, wie die AK vorrechnet, dass jüngere Schlüsselkräfte in Zukunft nur mehr rund 2100 Euro brutto verdienen müssen, das entspricht etwas über 1500 netto monatlich. Bisher waren es noch etwa 2600 Euro brutto (1800 Euro netto).
Laut ÖGB liege das Mindestgehalt im Metallgewerbe, der Metallindustrie, der chemischen Industrie und sogar für Leiharbeiter über den neuen Richtsätzen für jüngere ausländische Arbeitnehmer. "Es wird damit der bereits jetzt bemerkbaren Praxis Vorschub geleistet, Fachkräfte aus dem Ausland als unqualifizierte Arbeiter einzustellen, um sich entsprechende Entgeltzahlungen zu sparen", schreibt der ÖGB.
Dass die Regierung bei dieser Reform wohl in jedem Fall noch nacharbeiten wird müssen, geht aus einigen legistischen Kritikpunkten hervor. So dürfte übersehen worden sein, dass eine zuvor bewusst privilegierte Gruppe, nämlich Studienabsolventen, nun auf einmal benachteiligt wird. Sie mussten bisher weniger Einkommen nachweisen (45 statt 50 Prozent der Höchstbemessungsgrundlage). Dies wurde nun aber nicht entsprechend angepasst, weshalb Studienabsolventen künftig mehr verdienen müssten als andere Schlüsselkräfte.
Ein zweiter Punkt: Auch Lehrlinge müssen "ausreichende Unterhaltsmittel" nachweisen, derzeit wären das 933 Euro. In den ersten Lehrjahren liegen die die Lehrlingsentschädigungen jedoch meist deutlich darunter. Ob und welche Änderungen vorgenommen werden, war bis Redaktionsschluss aus dem zuständigen Arbeits- und Sozialministerium nicht zu erfahren.