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Nur kleine Delle im Wachstum?

Von Karl Leban

Wirtschaft

Westeuropa hat neue globale Wachstumspole. | IV: Österreichs Konjunktur 2008 nur leicht gedämpft. | Wien. Trotz der Kreditkrise in den USA sieht Christian Helmenstein, Chef-Ökonom der Industriellenvereinigung (IV), derzeit keinen Grund, in Konjunktur-Pessimismus zu verfallen - oder gar von Rezessionsszenarien auszugehen.


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"Drei Jahre lang hat die Weltwirtschaft in einer absoluten Rekorddynamik expandiert - in einer Größenordnung von 5 Prozent. Wir können nicht erwarten, dass eine solche Dynamik nochmals steigerungsfähig ist", so Helmenstein. Es sei völlig klar gewesen, "dass es irgendwann zu einer Normalisierung kommen muss, die sich in irgendeiner Weise am Weltproduktionspotenzial orientiert".

"Das Weltproduktionspotenzial wächst sicher nicht mit 5 Prozent per anno", betont Helmenstein im Interview mit der "Wiener Zeitung". Insofern sei es "auch eine Normalisierung, wenn die Amerikaner nun langsamer wachsen und die globale Wachstumsrate deshalb ein wenig zurückgeht".

Für die USA rechnet Helmenstein zwar mit spürbaren Auswirkungen der Kreditkrise auf die dortige Konsum-Nachfrage (und damit auf Sicht mehrerer Quartale auch auf die gesamte Wirtschaft).

Für die europäische Konjunktur ist Helmenstein jedoch optimistisch - sein Fazit: "Europa wird sich von einem deutlich schwächeren Wachstum in den USA weitestgehend abkoppeln können." Wie Helmenstein dazu erklärt, seien in Europa gerade im Zusammenhang mit dem häufig unterschätzten "Lissabon-Prozess" für mehr Wachstum und Beschäftigung wichtige strukturelle Maßnahmen gesetzt worden. "Europa hat daher eine Chance, vom globalen Wachstum entsprechend zu profitieren."

Den Satz "wenn Amerika hustet, bekommt Europa eine Grippe", lässt der IV-Chefvolkswirt nicht mehr gelten: "So wird das nicht länger aufrecht zu erhalten sein." Denn mittlerweile habe die westeuropäische Wirtschaft neue Wachstumspole - von China über Indien bis hin zu den Erdöl exportierenden Ländern.

Märkte vor der Haustür

"Österreich selbst hat mit Zentral- und Osteuropa seinen eigenen Wachstumspol sogar buchstäblich vor der Haustür", unterstreicht Helmenstein. Mit Blick auf die Konjunktur an dem Spruch "Tu felix Austria" zu zweifeln, dazu bestehe "derzeit kein Anlass und schon gar nicht vor dem Hintergrund der Subprime-Krise".

Für 2008 geht der IV-Experte lediglich von einem leicht schwächeren Wachstum in Österreich aus. "Das folgt allein schon aus dem höheren Euro-Kurs, der uns zirka einen Viertelprozentpunkt Wachstum kostet, sofern das jetzige Euro-Niveau perpetuiert wird. Aber das heißt, dass wir im nächsten Jahr immer noch in der Höhe unseres Produktionspotenzials wachsen können." Und dieses betrage um die drei Prozent.

Den Wechselkurs des Euro zum US-Dollar sieht Ökonom Helmenstein mittelfristig bei 1,27/1,28. "Alles, was wir jetzt über 1,40 sehen", ist für ihn "ein klares Overshooting". Mit dem hohen Niveau müssten sich die europäischen Exporteure nun arrangieren, indem sie versuchen, mit einer höheren Produktivität hier gegenzusteuern.

Helmenstein leitet beim heurigen Alpbacher Finanzsymposium zum ersten Mal die traditionelle Zins- und Währungsprognose - siehe dazu auch nebenstehenden Artikel.