Bagdad wollte den Eindruck von Normalität vermitteln - das misslang.
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Bagdad. Der Gipfel begann mit einem lauten Knall - und war dann schnell beendet. Beim Treffen der Arabischen Liga in Bagdad explodierte unweit des Konferenzgebäudes eine Granate. Die Detonation war eine weithin hörbare Bestätigung der misslichen Lage, in der sich der Irak befindet: Schiiten und Sunniten befehden einander, die Anzahl der Attentate nimmt dramatisch zu, die Aussicht auf Frieden ist gering.
Der erste Gipfel der Liga in der Tigris-Metropole seit 22 Jahren hätte nach dem Willen der Veranstalter die Rückkehr der Normalität nach dem Abzug der letzten US-Soldaten demonstrieren sollen. Gelungen ist das nicht. 100.000 Mann der irakischen Sicherheitskräfte waren in Alarmbereitschaft, die "Grüne Zone" im Zentrum der irakischen Hauptstadt zur Festung ausgebaut. Die Hälfte der nach Bagdad geladenen arabischen Staatschefs erschien schon aus Sicherheitsgründen nicht. Die neun arabischen Führer, die nach Bagdad fanden, wollten keinesfalls über Nacht bleiben und reisten bei erster Gelegenheit wieder ab.
Viele blieben auch deshalb zu Hause, weil sie sich von dem Treffen nichts erwarteten: Das bestimmende Thema war der blutige Konflikt in Syrien. Doch von den anwesenden Machthabern, die ihre Länder mit harter Hand regieren, war keine klare Stellungnahme zu erwarten. Auch der Irak hält sich mit einer Verurteilung Bashar al-Assads zurück.
Immerhin wagte sich der Emir von Kuwait, Scheich Sabah al-Ahmed al-Sabah, mit einem mutigen Vorhaben in die vom Krieg gezeichnete Stadt. Es war der erste Besuch eines kuwaitischen Monarchen, seit Saddam Hussein 1990 das kleine Emirat überfallen hat. Und Al-Sabha war der Einzige, der Assad klar verurteilte.
"Leeres Geschwätz"
Um in der Syrien-Krise zu vermitteln, reiste auch Ban Ki-moon in die irakische Hauptstadt. Der UN-Generalsekretär fand dort den sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir vor, der wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit per Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof gesucht wird. Nicht anwesend war Syriens Assad. Die Arabische Liga hat die Mitgliedschaft Syriens wegen der brutalen Unterdrückung der Protestbewegung schon im vergangenen Jahr eingefroren. Die halbamtliche syrische Zeitung "Al-Thawra" schrieb, man habe es mit einem "Gipfel des leeren Geschwätzes" zu tun. Wer eine Lösung wolle, der werde an Syrien nicht vorbeikommen. Man werde jede Erklärung der Arabischen Liga zu Syrien ignorieren, hieß es aus Damaskus. Die arabischen Staatschefs einigten sich dann immerhin auf eine dünne Erklärung. Sie verurteilten die Gewalt, das Morden und das Blutvergießen in Syrien und regten eine politische Lösung auf dem Weg des Dialogs an. Von einer Forderung nach einem Rücktritt Assads ist keine Rede.
Eine gemeinsame arabische Strategie in der Syrien-Frage gibt es nach wie vor nicht. Man verständigte sich auf Allgemeinplätze wie die Verurteilung der "israelischen Okkupanten". Nur der Emir von Kuwait forderte Machthaber Assad klar auf, "die Gewalt gegen sein Volk zu beenden".
Auch die USA und die UNO mahnten Assad am Donnerstag, den Friedensplan, den er zuletzt nach UN-Angaben akzeptiert hatte, auch tatsächlich umzusetzen. Gegner des Regimes vermeldeten am Donnerstag, dass die syrische Armee erneut Städte angegriffen habe. Es wurden wieder Frauen und Kinder getötet, auch die Rebellen sollen Blut vergossen haben, berichten die syrischen Staatsmedien. "Terroristen" hätten in Aleppo zwei Oberste getötet, als diese zur Arbeit gefahren sind. Immer öfter werden hochrangige Protagonisten des Regimes Opfer von Anschlägen.