Erst in den Jahren nach 2015 ist mit billigeren Batterien zu rechnen.
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Wien/Düsseldorf/München. Nein, für Fahrer mit schwachen Nerven ist der Nissan Leaf nichts. Der weltweit erste und mit mehr als 30.000 Stück bisher auch meistverkaufte rein elektrisch betriebene Pkw - schon vor seiner Markteinführung auch in Europa zum "Auto des Jahres" gekürt - fordert radikales Umdenken bei der Planung jeder Fahrt. Kernfrage: Schaffe ich es bis zur nächsten Steckdose? 186 Kilometer Reichweite zeigt die gefällige Instrumententafel beim Start in Wien-Donaustadt an, nachdem das Drücken des Startknopfes kein Motorengeräusch gebracht hat - ein doppeltes freundliches "Bling" zeigt dem Fahrer, dass das Ding in Betrieb gehen kann. Nach zirka 12 Kilometern gefahrener Strecke sind 35 Kilometer Reichweite weg - obwohl die Klimaanlage ausgeschaltet blieb.
Und während im Stadtverkehr - die Prinz-Eugen-Straße etwa geht Richtung Innenstadt ganz schön bergab! - durch Rückgewinnung von Strom beim Bremsen dann schon einmal der eine oder andere Kilometer Reichweite wieder dazukommt, werden dann schließlich am Flughafen Schwechat - keine 20 Kilometer, aber halt auch Autobahn - entfernt, nur mehr ganze 67 Kilometer Reichweite angezeigt. Und fünf davon frisst dann allein die Auffahrt auf Deck 6 des Parkhauses 4. Wird sich das am nächsten Tag für die gut 25 Kilometer zur Eröffnung von Wiens - übrigens erst zweiter - Schnell-Ladestation am Gaudenzdorfer Gürtel ausgehen, oder muss ich mir am Flughafen irgendwo eine Steckdose suchen, wo mein hübscher, leiser und - ja, auch trotz eher vorsichtiger Streichelei des Gas(Strom!)-Pedals flotter - Wagen gut zehn Stunden lang - so schätzt das Display - ans Ladekabel hängen kann?
Knapp 60 Prozent aller Neufahrzeuge in Europa - also mehr als neun Millionen Fahrzeuge - werden 2025 mit einem elektrifizierten Antrieb ausgestattet sein, sagt die neueste Studie "Antrieb 2025" der Unternehmensberatung A.T. Kearney. Aber: Der Anteil reiner Elektrofahrzeuge bleibt mit 12 Prozent auf Nischen beschränkt, der Elektrohype ist vorbei, bevor er richtig begonnen hat. Hybridantriebe dagegen bewegen im Jahr 2025 gut die Hälfte aller europäischen Neufahrzeuge. Insbesondere Plug-in Hybride, also Hybride mit großer Batterie, die auch am Stromnetz aufgeladen werden können, treiben bis 2025 fast jedes vierte Neufahrzeug an, so die Studie.
Strengere Verbrauchsregeln
"Hybride werden in allen Segmenten sowohl bei Benzinern als auch beim Diesel an Bedeutung gewinnen", so Götz Klink, Leiter der Automotive Practice von A.T. Kearney. Der große Trend geht dabei zu Plug-in Hybriden. "Plug-in Hybride sind zukünftig bezahlbar, verbrauchen sehr wenig und lösen das Hybridversprechen von elektrischem Fahren spürbar ein. Wir rechnen im mittleren Szenario unserer Studie in Europa mit mehr als 20 Prozent Anteil von Plug-in Hybriden in 2025", so Studienautor Stephan Krubasik. "Mildhybride - die nicht rein elektrisch fahren können (Anm.) - haben sogar die Chance, sich in einigen Segmenten als Standardausstattung durchzusetzen."
Sollten die aktuellen EU-Pläne einer durchschnittlichen CO2-Emission von 75 g/km Wirklichkeit werden, erfordert das einen Quantensprung im Verbrauch. "Dann dürften auch Oberklassefahrzeuge wie Mercedes E-Klasse, BMW 5er oder Audi A6 nur noch etwa vier Liter auf 100 Kilometer verbrauchen - das ist nur mit Hybriden zu schaffen", so Klink. Wenn darüber hinaus die Innenstädte von großen Metropolen nur noch emissionsfrei befahren werden dürfen, beschleunigt dies den Elektrifizierungstrend noch mehr.
Kunden haben ganz unterschiedliche Kaufkriterien je Segment und wählen damit auch unterschiedliche Antriebe. Bei Kleinwagen zählt vor allem der Anschaffungspreis. Hier werden zukünftig kleine Ottomotoren dominieren - teilweise ergänzt um einen Mildhybrid als Verbrauchsmaßnahme.
Bis sich der Wandel in der Antriebslandschaft deutlich bemerkbar macht, wird allerdings noch einige Zeit vergehen: "Erst zwischen 2015 und 2020 werden sich elektrifizierte Antriebe spürbar durchsetzen", so Krubasik. Erst ab 2015 erwarten neueste Studien auch eine deutliche Verringerung der Kosten für die Batterien, die bisher immer noch die Preise für Elektro-Autos in prohibitive Höhen treiben.
Innenstadt-Lieferwagen
Und was wird aus reinen Elektrofahrzeugen? "Elektrofahrzeuge haben in bestimmten Nischen gute Chancen. Aufgrund der hohen Anschaffungskosten beschränkt sich dies bis 2025 allerdings auf Lifestyle-Kunden und gewerbliche Nutzer." Kleine Zweitwagen - wie der neue E-Smart von Mercedes - als City-Flitzer etwa, aber auch kleine Lieferwagen für die Innenstädte. Letzteren bescheinigt übrigens eine aktuelle Kostenstudie des "International Transport Forum" schon jetzt einen Kostenvorteil gegenüber der Konkurrenz mit Verbrennungsmotoren, während Privatnutzer eines Elektroautos über den Lebenszyklus gerechnet mit mehreren tausend Euro Mehrkosten rechnen müssen, auch wenn sie bei den Treibstoffkosten sparen.
P.S: Mein Test-Nissan hat es bravourös zur Schnell-Ladestation geschafft, 31 Kilometer waren noch drin. Zum Wochenendausflug ins Waldviertel bin ich dann doch in den neuen BMW 316 d gestiegen; der braucht mit "Efficient Dynamics"- eine Art Mikro-Hybrid - nur 4,5 Liter Diesel/100 km, kostet ebenfalls rund 38.000 Euro - und zeigt beim Start eine Reichweite von 1054 Kilometer an.