Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 1 Jahr in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Haben Sie ein Konferenzprogramm?" - "Nein, das gibt’s nur online." Man müsse es sich halt herunterladen oder zum besseren Überblick am Handy in einer App speichern, die es erlaube, wichtige Programmpunkte zu markieren. Und eigentlich müsste man im Grunde mehr Speicherplatz kaufen, um stets virtuell "blättern" zu können.
Nicht, dass ein vielfältiges Online-Angebot schlecht wäre, im Gegenteil. Doch als einzige Informationsquelle zwingt uns das Digitale zu einem bald unverträglichen Ausmaß an Selbstorganisation. Wer nichts in die Hände gedrückt bekommt, muss alles mitbringen. Das ist ein bisschen so, als müsste man beim Buffet seine Brote selber schmieren. Rein virtuellen Räumen fehlt aber noch mehr als Canapés: Bei Videokonferenzen ist es der Augenkontakt, bei virtuellen Ausstellungen die Präsenz des Objekts, im Online-Handel die Muße des haptischen Stöberns.
Manche erinnern sich vielleicht an die Zeit, in der es üblich war, die "ZiB 1" anzuschauen, die so etwas wie einen Grundkonsens herstellte zu aktuellen Informationen, über die dann alle diskutieren konnten. Heute sind TV-Nachrichten weniger beliebt, da viele sich nur online informieren, wo Sonder- und Spezialthemen regieren. Wenn nun auch immer mehr gedruckte Tageszeitungen, die über Fakten für alle berichten, verschwinden, oder, wie diese hier, mutwillig eingestellt werden, verlieren wir als Gesellschaft gemeinsame Bezüge. Das wirkt trennend und fördert nicht die Demokratie. "Nur online" trägt das Präfix "nur" zu Recht.