EU-Länder dürfen Fremdbesitz von Apotheken verbieten. | Niederlage für Arznei-Diskonter Doc Morris. | Luxemburg/Brüssel. Nur zugelassene Apotheker dürfen in Deutschland Besitzer und Betreiber von Apotheken sein. Ist eine Apotheke dagegen im Besitz eines Nicht-Apothekers wie einer Kapitalgesellschaft, handelt es sich um verbotenen Fremdbesitz.
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Das urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag. Stein des Anstoßes war das Ringen mit der niederländischen Versandapotheke Doc Morris um den Ausbau von Filialen in Deutschland.
Zwar stelle das Verbot eine Beschränkung der EU-Grundrechte der Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit dar, führen die Richter aus. Die Beschränkung lasse sich jedoch mit dem Ziel rechtfertigen, eine sichere und qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Diese könnten aufgrund ihrer therapeutischen Wirkung der Gesundheit schweren Schaden zufügen, wenn sie ohne Not oder falsch eingenommen würden. Und es liege in der Kompetenz der EU-Staaten, über Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit ihrer Bürger zu entscheiden. Ein weiteres Argument der Richter: Apotheker könnten die Unabhängigkeit ihrer Entscheidungen gegenüber Kapitalgesellschaften als Besitzer möglicherweise nicht ausreichend wahren. Deren vordringlichstes Ziel sei die Gewinnerzielung und nicht der Erhalt der Gesundheit.
Arznei-Kette blitzte ab
Mit dem Urteil schließen sich die Türen für Drogeriemarktketten und Arzneimittelgroßhändler, die auf den Ausbau eines Apothekenfilialnetzes mit Rückendeckung des EU-Rechts gehofft hatten.
Im konkreten Fall hatte Doc Morris von den saarländischen Behörden die Erlaubnis zu Eröffnung einer Filialapotheke erhalten, die ein Apotheker betreiben sollte. Die Saarländer Apothekerkammer und andere hatten dagegen geklagt, das Verwaltungsgericht des Saarlandes den EuGH schließlich um Vorabentscheidung ersucht. Nach dem Urteil gab die Aktie der deutschen Doc Morris-Mutter Celesio AG vorerst um rund 15 Prozent nach.
Das Urteil stärkt indirekt auch den österreichischen Apothekern den Rücken, die unter anderem wegen dem heimischen Fremdbesitzverbot unter Beschuss der EU-Kommission gekommen waren. Die österreichische Apothekerkammer zeigt sich erleichtert: "Mit diesem Urteil des EuGH sind Liberalisierungsbestrebungen in Österreich endgültig vom Tisch", sagte Kammerpräsident Friedemann Bachleitner-Hofmann. In Österreich liegt die Beteiligungsgrenze für Nicht-Apotheker wie Kapitalgesellschaften derzeit bei 49 Prozent.
Neben dem Fremdbesitzverbot sei auch der EU-Kritikpunkt der Diskriminierung von EU-Ausländern durch eine Novelle des Apothekergesetzes ausgeräumt, erläutert Pressesprecher Hans Jakesz.
Gebietsschutz gelockert
Noch unklar ist, ob die bereits erfolgte Lockerung des österreichischen Gebietsschutzes für Apotheken der EU-Kommission ausreicht. So mussten neue Apotheken nicht mehr einen Einzugsbereich von 5500 Einwohnern nachweisen, sondern nur mehr bestehenden Apotheken 5500 potenzielle Kunden lassen.