Schon seit langem sei bekannt gewesen, dass es in der Transportbranche ein europaweites kriminelles Frächternetz gebe, bekräftigt Georg Eberl, ÖGB-Fachsekretär der Sektion Transport. "Nach dem Auffliegen des Frächter-Skandals zeigt sich, dass es sich hierbei nur um die Spitze eines Eisbergs handelt." Denn mittlerweile seien die "schwarzen Schafe" in der Mehrheit. Rund 80 Prozent der heimischen Transportunternehmer "sind bei der Entlohnung der Fahrer nicht korrekt". Durch diesen Sozialbetrug gingen der Sozialversicherung und Steuer hunderte Millionen verloren. Die Gewerkschaft fordert nun ein "hartes Durchgreifen" und die vernetzte Arbeit aller zuständigen Behörden sowie eine Anhebung der Strafen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Mit der illegalen Beschäftigung und Ausbeutung von Fernfahrern muss aufgeräumt werden." Eberl saß selbst 20 Jahre lang hinterm Steuer und weiß, wie extrem belastend dieser Beruf schon unter Einhaltung aller rechtlichen Bestimmungen ist. Doch die Missstände, die wegen des Auffliegens des Frächter-Skandals an die Öffentlichkeit drangen, "sind nur die Spitze eines Eisbergs". Er hofft, dass die zuständigen Behörden tätig werden und die Machenschaften mit größerer Vehemenz verfolgen. "Wir fordern schon seit Jahren eine Behörde, wie es sie in Deutschland gibt. Dort widmen sich 1.200 Beamte ausschließlich der illegalen Beschäftigung, ein Fünftel von ihnen dem Transportgewerbe". Bisher blieben die Forderungen unerhört. Die Regierung müsse aufwachen und dem Sozialbetrug ein Ende bereiten, fordert der Gewerkschafter. Seit Jahren müssten Lkw-Fahrer beim Arbeits- und Sozialgericht um vorenthaltene Löhne streiten. "Wir haben auch den Gebietskrankenkassen eine Möglichkeit aufgezeigt, die Tachoscheiben elektronisch zu prüfen", erklärt Eberl. In Niederösterreich wurden seither 58 Betriebe kontrolliert und 5,5 Mill. Euro (75 Mill. S) konnten nachberechnet werden.
Von 800 nur 25 versichert
Mit dem Chef der Luxemburger Transportfirma des Kralowetz-Imperiums wurde vorige Woche ein "Kopf" der Machenschaften verhaftet. Hubert Hollerich, Zentralsekretär der Luxemburger Transportarbeitergewerkschaft mutmaßt, dass die "United Cargo Lines" an den illegalen Vorgängen beteiligt sei: Von 800 Fernfahrern waren nur 25 sozialversichert. Die Geschäftsführung der nö. Kralowetz-Dependance bestreitet jede Verwicklung in dem Skandal. Laut Eberl "stimmt die Entlohnung in dieser Firma auch nicht." Gegen EU-Bestimmungen werde prinzipiell nach gefahrenem Kilometer entlohnt. Schon vor ein paar Monaten wurde das Verkehrsministerium über die arbeitsrechtlichen Verstöße der Firma informiert, berichtet der AK-Verkehrsreferent Richard Ruziczka. Geschehen sei nichts. Auch der Großfrächter Augustin kommt nicht gut weg. Eberl: "Herr Augustin weiß am besten, wie er seine Fahrer behandelt." Diese würden beim Tanken an "falschen Tankstellen" mit Sanktionen und Gehaltsabzug bedroht.
Die Lkw sind ein ernstzunehmender Risikofaktor auf den Straßen. Deshalb plädiert Eberl auch für höhere Strafen, denn die 726 Euro (10.000 S) Maximalbuße "sind Peanuts im Vergleich zu den Vorenthaltenen Abgaben." Die Transportarbeitergewerkschaft will sich nun aller annehmen, die um ihr Geld geprellt wurden, egal ob sie Mitglied sind oder nicht.
Die Regierung habe das Problem der illegalen Beschäftigung erkannt, erklärt die FP-Abg. Helene Partik-Pablé, "sie will diesen Missständen entgegensteuern". Skeptisch dazu äußern sich SPÖ und Grüne. SP-Geschäftsführerin Doris Bures vermutet ein Naheverhältnis zu manchem Frächter: "Hat es etwa eine Rolle gespielt, dass Herr Kralowetz FPÖ-Gemeinderat in Blindenmarkt ist?" Wer die "unsichtbare Hand, schützend vor Schwarzunternehmer gestellt" habe, sei jedenfalls aufklärungsbedürftig.