"Hilf dir selbst, dann wird dir geholfen" mag vielleicht als Motto für das Märchen vom Tellerwäscher ausreichen. Österreichs Politik ist da schon verwirrender.
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Die Euphorie über die rot-grüne Premiere in Wien in sozialliberalen Kreisen verdeckt den klaren Blick auf die bestehenden Machtverhältnisse im Land.
Die Grünen sind, fasst man Stimmungen wie Umfragen zusammen, derzeit meilenweit von einer Regierungsbeteiligung im Bund entfernt. Den größeren Teil der Schuld daran tragen SPÖ und ÖVP. Der desolate Zustand, in dem sich die beiden ehemaligen Großparteien seit Jahren befinden, macht eine rechnerische Mehrheit einer der beiden mit den Grünen faktisch unmöglich.
An dieser Stelle wird immer wieder gerne auf das ominöse Wahljahr 2002 verwiesen, in dem der ÖVP der sagenhafte Sprung von beschämenden 26,9 auf 42,3 Prozent gelang. Und plötzlich war rechnerisch möglich, womit vorher niemand gerechnet hätte: Schwarz-Grün.
Wer diesbezüglich auf eine Wiederholung der Geschichte hofft, verschweigt zumeist die unerlässliche Voraussetzung für dieses Erdbeben: eine Regierungsbeteiligung der FPÖ samt anschließender öffentlicher Selbstdemontage der Freiheitlichen.
Viel spricht deshalb dafür, dass eine grüne Regierungsbeteiligung auf Bundesebene nur als - unbewusste oder beabsichtigte - Konsequenz eines blauen Vizekanzlers möglich scheint. Wenn, dann hätte die Geschichte keinen kleinen Sinn für Ironie.
Aus heutiger Sicht scheint nämlich denkunmöglich, dass sich die beiden Regierungsparteien aus eigener Kraft - und noch dazu in einer gemeinsamen Koalition - wieder in Sphären an die 40-Prozent-Marke emporarbeiten. Dazu bedürfen sie wohl der Hilfe eines mit einem ausgeprägten politischen Todestrieb ausgestatteten Regierungspartners. Und ob die FPÖ ihnen erneut diesen Gefallen tut, bleibt abzuwarten.
Ohnehin müssten SPÖ und ÖVP zu diesem Zweck zuerst durch das Stahlbad einer Regierungsbildung mit der Partei Heinz-Christian Straches gehen. Das wird umso leichter für jene Partei zu ertragen sein, die von den Wählern 2013 nur zur zweit-, womöglich sogar zur drittstärksten Kraft gekürt wird. Aber ein Kanzler-Job macht bekanntlich immun gegen öffentliche Schmähungen.
Sollten Rot und Schwarz jedoch auch weiterhin jenem Niveau treu bleiben, das sie seit zwei Jahren öffentlich vorleben, könnte es, schenkt man dem Trend der aktuellen Umfragen Glauben, mit dem Kanzler aber ohnehin vorbei sein.
Die Grünen spielen in all diesen Überlegungen keine Rolle. Mathematik ist eben ideologisch auf beiden Augen blind.
Natürlich können sich diese Szenarien rasch ändern, wahrscheinlich ist das allerdings nicht. Nicht einmal allzeit bereite Medien können heute noch jeden beliebigen Politiker zum Star hinaufschreiben. Das Nichts nichtet unerbittlich.
All das sind schlechte Aussichten für die Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig. Tatsächlich ist sie wohl auf die "Hilfe" Straches angewiesen, um es Maria Vassilakou nachzutun und zur Vize aufzusteigen.