Zum Hauptinhalt springen

Nur wer aneckt, löst einen Wandel aus

Von Solmaz Khorsand

Kommentare
0

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Es ist ein gefundenes Fressen für alle Befürworter der heimischen Leitkultur-Fraktion: ein Muttersprachenunterricht, in dem Kinder zu Patrioten fremder Länder erzogen werden. Die Bücher: Propaganda. Die Lehrer: Agenten fremder Botschaften, die das heimische Bildungswesen mit ihrer undurchsichtigen Gesinnung unterwandern wollen. Die Konspirationsspirale könnte ewig so weitergehen.

Doch das ist das Klima, in dem Debatten über "das Fremde" geführt werden. Wo Sprachverbote auf Pausenhöfen ausgesprochen werden und wo eine Türkisch-Matura dem Untergang des Abendlandes gleichkommt.

Die Verantwortlichen für den heimischen Muttersprachenunterricht kennen dieses Klima. Deswegen wird auch jede Kritik mit Bauchschmerzen registriert. Ist sie zu laut, ist das ganze Projekt in Gefahr, befürchtet man. Natürlich müsse über Inhalte der Bücher, Ausbildung der Lehrer und gewisse Mindeststandards diskutiert werden, heißt es. Doch das müsse es auch im regulären Unterrichtsbetrieb. Oder wird hier immer darauf geachtet, welche Arbeitsblätter seit Jahrzehnten im Umlauf sind? Eben.

Was in dieser Debatte vor allem zum Ausdruck kommt, ist der Status quo der heimischen Diskussionskultur. Oder ihrem Fehlen. Kritik ist negativ. Ja, existenzbedrohend. Besser nicht anecken. Nicht in den Schulen, nicht in den Ministerien, nicht in den Unternehmen. Nicht in den Redaktionen. Und wehe dem, der es dann doch einmal tut. Er könnte ja einen Klimawandel auslösen.