Ministerin Karl: "Wir sind auf dem richtigen Weg, aber noch nicht am Ziel."
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Wien. Es ist eine Frage der Betrachtungsweise. Vergleicht man die "Vertrauensstudie Justiz 2011" mit der aktuellen Studie 2013, sieht man freilich eine positive Tendenz: Der Anteil der Bevölkerung, der der Justiz vertraut, ist von 65 Prozent 2011 auf heute 72 Prozent gestiegen. Ein Grund zum Jubeln? "Wir sind auf dem richtigen Weg", sagte dazu Justizministerin Beatrix Karl am Donnerstag bei der Präsentation der Karmasin-Studie, "aber noch nicht am Ziel."
Auch Franz Fiedler, Präsident des Beirates der Anti-Korruptions-Institution Transparency International in Österreich, relativiert. "Ein Drittel der Bevölkerung vertraut laut Studie nicht in die Justiz - das ist meiner Ansicht nach zu hoch", sagt er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Die Verbesserung der Umfrage-Ergebnisse sei schlichtweg darauf zurückzuführen, dass einige große Korruptionsverfahren mit einem Urteil beendet worden sind. Der ehemalige Kärntner ÖVP-Obmann Josef Martinz und Ex-Innenminister Ernst Strasser etwa wurden wegen Untreue respektive Bestechlichkeit zu einer Haftstrafe verurteilt. Auch im Telekom-Verfahren wurden drei Haftstrafen ausgesprochen. "Auf die Bevölkerung wirkt das so: Es tut sich etwas und die Verfahren versanden nicht", sagt Fiedler.
Dennoch ist das Vertrauen getrübt. "Das Restunbehagen bleibt, dass es sich Spitzenpolitiker mit dem richtigen Parteibuch doch richten können, weil das Justizressort parteipolitisch besetzt ist", so Fiedler. Erst wenn dieser Umstand behoben sei, und die Weisungsspitze wie in den Reformstaaten des Ostens nicht mehr politisch besetzt sei, würde das Unbehagen schrumpfen. "Außerdem dauern die Verfahren immer noch zu lang", fährt Fiedler fort, "hier müsste es eine Beschleunigung geben."
Maßnahmen gegenlange Verfahrensdauern
Bei der aktuellen Vertrauensstudie wurden ebendiese Punkte als größte Schwächen der Justiz angeführt, zudem sei das Ausmaß der Strafen nicht nachvollziehbar, so ein weiterer Kritikpunkt.
Karl ist sich dieser Schwächen offensichtlich bewusst. Bei der Studienpräsentation rechtfertigte sie die langen Verfahrensdauern mit der Komplexität großer Wirtschaftsverfahren. Um diese zu beschleunigen, habe sie bereits Reformschritte gesetzt, wie zum Beispiel mehr Masterlehrgänge für Wirtschaftsrecht. Außerdem setze sie sich für mehr Personal, eine bessere Auswahl der Staatsanwälte und Richter sowie die Modernisierung der Justiz ein.
"Diese Reformschritte kommen zu spät", meint dazu Fiedler. Die Justiz hätte schon viel früher mit der Zeit gehen und darauf reagieren müssen, dass Wirtschaftsverfahren durch Internet und elektronische Geldüberweisungen zunehmend komplexer werden.
Karl möchte jedenfalls die Vertrauensstudie auch in den nächsten Jahren durchführen, um "die Wünsche der Bevölkerung berücksichtigen zu können". Wie man die Schwächen aus dem Weg räumen und das Vertrauen weiter stärken kann, werde bereits von mehreren Arbeitsgruppen untersucht. Ihre Vorschläge sollen laut Karl "die Grundlage für die Reformen in der nächsten Legislaturperiode sein".