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Ein Christbaum aus Österreich ist in fast allen heimischen Wohnzimmern ein Muss. Das Geschäft läuft erstaunlich gut.
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Weihnachten ohne Baum, das ist im Großteil der heimischen Haushalte undenkbar. Alljährlich startet am 12. Dezember offiziell der Christbaumverkauf an den Ständen - hat etwa das Marktamt in Wien festgelegt. Direkt ab Hof oder in Baumärkten und Möbelhäusern werden teils ab Ende November oder Anfang Dezember Bäume verkauft. Die Standler hingegen wissen, dass die urbane Kundschaft erst nach dem Marienfeiertag richtig in Kauflaune kommt.
Hierzulande dominiert die Nordmanntanne aus heimischem Anbau mit 85 Prozent bei weitem vor der Fichte (14 Prozent). "Österreich ist das einzige Land in Europa, das sich komplett mit Christbäumen aus eigenem Anbau versorgen könnte", erklärt Franz Raith, Obmann der Arbeitsgemeinschaft (Arge) der niederösterreichischen Christbaumproduzenten, stolz im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Die Billigkonkurrenz aus dem Ausland - zehn Prozent der Bäume werden importiert - macht den Bauern dennoch Kopfzerbrechen. Heuer stammen die Importbäume teils aus Nordeuropa, wo viele der bis zu 300 Hektar großen Christbaumplantagen aufgegeben haben. Und diese "Konkursmasse" ist billiger als die Bäume von den durchschnittlich ein Hektar großen heimischen Anbauflächen, wo Bäume "gestreichelt" werden, wie Raith die Pflege von Hand umschreibt.
Plastikbäume haben sich in der Alpenrepublik übrigens nicht durchgesetzt, ganz im Gegenteil: Von den 3,95 Millionen heimischen Haushalten stellen 2,8 Millionen einen Naturchristbaum auf. "Nur ein paar Prozent haben einen Plastikbaum. Das ist ja auch verrückt, einerseits sind wir gegen Plastik, aber dann einen Plastikbaum kaufen, der in China hergestellt wird!", bringt es Raith auf den launigen Punkt.
Die rührige Arbeitsgemeinschaft hat auch die positiven "Nebeneffekte" der Christbäume aus heimischen Kulturen berechnet: Allein die 1,1 Millionen Christbäume aus Niederösterreich generieren für die Region 22 Millionen Euro Wertschöpfung.
Klimaverträglichkeit inklusive
Auch in Sachen Klimaverträglichkeit sieht es bei den Tannen und Fichten aus Österreich gut aus, legen sie doch mit einem durchschnittlichen Weg von 40 Kilometern vom Bauern zum Verkauf relativ kurze Distanzen zurück. Andererseits verbraucht ein Hektar Christbaumkultur in den durchschnittlich zehn Jahren, welche die Bäume zum Wachsen auf etwa zwei Meter benötigen, zirka 95 bis 143 Tonnen Kohlendioxid. Im gleichen Zeitraum produziert diese Christbaumkultur aber auch 70 bis 105 Tonnen Sauerstoff.
Vom Christbaum im Topf als umweltfreundliche Variante halten die Christbaum-Produzenten wenig: "Würde es für Pflanzen ein dem Tierschutzgesetz vergleichbares Gesetz geben, der Christbaum im Topf wäre verboten", konstatiert Garten-Experte Karl Ploberger. Einen Baum aus der Kälte in ein über 20 Grad warmes Zimmer zu bringen und dann wieder hinaus in die Kälte, das würde nur dazu führen, dass er erfriert. Hinzu kommt, dass Tannen Tiefwurzler sind und daher nicht einfach aus der Erde in einen Topf verfrachtet werden können. Sie müssen, wenn überhaupt, bereits in Töpfen gezogen werden.
"Für ein Bäumchen mit einem Meter Höhe müsste der Topf mindestens 100 Liter Erde fassen, das entspricht 50 Zentimeter im Durchmesser und 50 Zentimeter Höhe. Dadurch werden artgerecht gezogene Lebendbäume schwer und unpraktisch", geben die Christbaumbauern zu bedenken. Fichten seien als Flachwurzler zwar besser geeignet, aber auch sie halten im Zimmer nur eine Woche durch, selbst wenn sie im Topf gezogen wurden. Fazit: "Lebende Christbäume sind leider keine praktische Alternative zu Kulturbäumen. Sie kosten zirka das Doppelte zum geschnittenen Baum und erleben zu 90 Prozent kein zweites Weihnachtsfest."
Und was die Pestizide in den heimischen Christbaumpflanzungen betrifft, weist Raith Umweltbedenken zurück: Wenn er seine Bäume gegen Läuse mit Schwefel behandeln muss, dann sei das mengenmäßig gleichzusetzen mit dem, was auch ein Salat abbekommt. "Aber den essen Sie dann halt nur eine Woche später!"
Wohlfeile Bäume
Nun sind also die Christbaum-Stände geöffnet und die ersten Kaufinteressierten unterwegs. Allerdings sind diese zunächst meist mit Preisvergleichen beschäftigt, wissen die Standler. Ist der Baum heuer teurer geworden, wollen wir von Franz Raith wissen. Er verneint, Tannen kosten wie in den Vorjahren zwischen 10 und 35 Euro pro Laufmeter, Blaufichten zwischen zehn und 25 Euro. Allerdings kommen hier noch die Transport-, Personal- und Standkosten der Verkäufer hinzu, die durch die Inflation gestiegen sind. "Das bewegt sich aber im Kaffeebereich, also um ein bis drei Euro pro Baum mehr", so Raith. Man wolle doch die Stammkunden nicht verlieren.
Ums Geschäft macht sich der umtriebige Obmann trotz der Teuerungen keine großen Sorgen, denn: "Sparen müssen zwar viele, daher fahren sie halt weniger auf Urlaub. Ich erwarte mir ein zumindest gleich gutes Geschäft wie in den Vorjahren." Angesichts schwieriger Zeiten stehe das Familienfest seit der Pandemie verstärkt im Vordergrund. Und dafür brauche es eben einen Christbaum. Tatsächlich werden zuletzt sogar eher größere Bäume nachgefragt. Die österreichischen Haushalte geben übrigens, im Schnitt, alle Jahre wieder etwa 31 Euro für den Christbaum aus.