Zum Hauptinhalt springen

Oans, zwoa, g’suffa!

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Das Oktoberfest in München ist vorbei, das politische scheint noch zu dauern. Der Konfrontationskurs von CSU-Chef Horst Seehofer gegen die deutsche Kanzlerin hat etwas Selbstzerstörerisches. Der bayerische Ministerpräsident spricht wegen der Flüchtlinge von "Notwehr" - und tut so, als ob Bayern nicht zu Deutschland gehörte und quasi der 29. EU-Staat wäre.

Dabei muss man gar nicht "Refugees welcome!" skandieren, um zu erkennen, dass die Forderung, die Grenze zu schließen, schlicht und ergreifend nicht praktikabel ist. Dann werden die Menschen die Grenze eben anders überqueren, sich vermehrt Schleppern anvertrauen - und das wird tausende Menschen in unverantwortliche Situationen bringen.

Was passieren kann, zeigte sich am 27. August in Parndorf - 71 Menschen starben in einem Lastwagen, darunter vier Kinder. Sie wollten einfach über die Grenze geschmuggelt werden.

Grenzen dicht ist daher kein Konzept; die Balkanländer bei der Unterbringung von Flüchtlingen über den Winter zu unterstützen, dagegen schon. Mit der Türkei enger zusammenzuarbeiten, ist ebenfalls ein taugliches Mittel, um eine der "größten humanitären Operationen der Geschichte" (O-Ton Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven) so zu bewältigen, dass sich alle in den Spiegel schauen können. Schweden wird heuer 150.000 Flüchtlinge aufnehmen, etwa doppelt so viel wie Österreich.

Es ist immer klüger, Herausforderungen offen anzunehmen, statt sie zu verdrängen. Seehofer verdrängt das Problem.

Auch in Österreich sind viele Menschen skeptisch und stehen dem Zustrom aus arabischen Ländern ablehnend gegenüber. Das ist, solange es nicht in aggressive Fremdenfeindlichkeit ausartet, auch zu akzeptieren.

Doch es ist keine Handlungsanleitung für die Politik, die - wie es die deutsche Kanzlerin gerade tut - viel offensiver darüber berichten muss, warum die Menschen flüchten. Wenn der russische Präsident Wladimir Putin selbstherrlich Syrien bombardiert, so sollte sich der Zorn der Menschen gegen ihn richten. Russlands Bomben werden weitere Syrer zur Flucht bewegen. Es ist ihnen nicht zu verdenken.

Diese Menschen abzuweisen wäre keine "Notwehr", wie der bayerische Ministerpräsident Seehofer meint, sondern barbarisch. Das Oktoberfest ist vorbei, nun auch politisch.