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ÖBAG-Aufsichtsrat stellt sich hinter Schmid

Von Martin Tschiderer

Politik

Opposition fordert Rücktritt von ÖBAG-Chef. Aufsichtsrat sieht "keine neuen strafrechtlichen Verdachtsmomente".


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Öffentlich gewordene Fälle politischer Postenbesetzungen sorgen hierzulande oft nur für mäßigen Überraschungseffekt. Zieht sich die Praxis, parteinahe Personen in Positionen zu hieven, doch durch die Geschichte der Zweiten Republik. Die Handy-Chats des Chefs der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG), Thomas Schmid, über die "Presse" und "Standard" am Sonntag berichteten, zeigen aber ein Mosaik politischer Postenvergabe, wie es üblicherweise nicht sichtbar ist. Über die Konsequenzen aus den aufgetauchten Chatnachrichten herrschte am Montag indessen Uneinigkeit - vor allem zwischen der Opposition und dem Vorstand der ÖBAG.

Die Chats stammen großteils aus Schmids Handy, das 2019 im Zuge der Ermittlungen in der Causa Casinos von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beschlagnahmt wurde. Die Korruptionsjäger erstellten daraus ein 187-seitiges Papier inklusive Chatpassagen mit fast 80 Personen.

In den zitierten Chats geht es um die Zeit, bevor Schmid 2019 ÖBAG-Chef wurde - und um die Frage, wie er das wurde. Hintergrund: In einem Sideletter zum türkis-blauen Koalitionsübereinkommen wurde 2017 auch der Plan festgeschrieben, die Staatsholding ÖBIB von einer GmbH zu einer Aktiengesellschaft umzubauen. Die Staatsholding war damals mit dem Finanzministerium verbunden, wo Schmid zu dieser Zeit arbeitete. Schmid, der zum engen Umfeld von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zählte, wurde mit dem Projekt beauftragt.

Jurist Kert sieht keine strafrechtliche Relevanz

Wie auch aus den veröffentlichten Chatpassagen hervorgeht, soll Schmid selbst großes Interesse bekundet haben, Chef der neuen ÖBAG zu werden - und den Umbau dementsprechend gestaltet haben. Als die Grundlage für den neuen Posten da war, soll der heutige Finanz- und damalige Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) an Schmid geschrieben haben: "Schmid AG fertig". Vor seiner Bestellung zum Vorstand soll Schmid Kurz dann gebeten haben, ihn "nicht zu einem Vorstand ohne Mandate" zu machen. Die Antwort des Kanzlers demnach: "Kriegst eh alles, was du willst."

In der Causa Casinos geht die WKStA dem Verdacht nach, dass die Bestellung des ehemaligen FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo zum Finanzvorstand der teilstaatlichen Casinos Austria AG (CASAG) auf einem verbotenen Deal zwischen FPÖ und Novomatic beruhte, was die Beschuldigten bestreiten. In der Causa Schmid soll es laut "Standard" auch um die Frage gehen, ob die Bestellung Sidlos Teil eines "Deals" zwischen den einstigen Koalitionspartnern ÖVP und FPÖ zur Bestellung des ÖVP-nahen Schmid zum ÖBAG-Chef war.

Der ÖBAG-Aufsichtsrat selbst sieht sich von den Verdachtsmomenten gegen Schmid jedenfalls nicht betroffen, wie er am Montag in einer Aussendung festhielt. Das Unternehmen sei weder Partei noch Beschuldigter des laufenden Ermittlungsverfahrens. Weil Schmid als Beschuldigter geführt werde, evaluiere man den Status der Ermittlungen laufend mit externen Rechtsanwälten. Demnach gebe es "keine neuen strafrechtlichen Verdachtsmomente und Ermittlungen" gegen ihn. Laut der Aussendung weise auch die WKStA in einem Amtsvermerk darauf hin, dass es keine Verschränkung zwischen der Bestellung Schmids und Bestellungen in der CASAG gebe. Der Aufsichtsrat sieht daher keinen Abberufungsgrund und stellte sich hinter Schmid.

Auch Robert Kert, Professor für Wirtschaftsstrafrecht an der Wiener Wirtschaftsuniversität, sieht im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" in den bisher kolportierten Nachrichten keine strafrechtliche Relevanz. Optisch sehe der Sachverhalt "jedenfalls nicht gut aus", auch wenn es die meisten Menschen "wohl nicht sehr überraschen dürfte, dass Postenbesetzungen in Österreich so laufen". Ein im Sinne des Strafrechts als Korruption zu wertendes Verhalten sieht Kert aber bislang nicht.

Abseits der Frage der Strafbarkeit entsteht für Kert bei Postenbesetzungen dieser Art jedenfalls ein Problem, wenn andere Bewerber für den Job besser qualifiziert wären. Werde nach einer Ausschreibung ein Auftrag an ein Unternehmen vergeben, das nicht Bestbieter sei, habe das in der Regel Konsequenzen. Postenbesetzungen seien damit zwar "nicht eins zu eins vergleichbar, es geht aber prinzipiell in eine ähnliche Richtung."

Neos zeigen den Bundeskanzler an

Die Opposition forderte am Montag jedenfalls den Rücktritt Schmids - und auch gleich jenen von Blümel. Die Chats zeigten "ein Sittenbild eines korrupten Systems von Macht und Günstlingswirtschaft", sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Montag bei einer Pressekonferenz. Ihre Partei kündigte zudem eine Anzeige gegen Kurz wegen Falschaussage an. Laut einer dieser Zeitung vorliegenden Sachverhaltsdarstellung der Neos bezieht sich der Vorwurf auf eine Aussage des Kanzlers vor dem Ibiza-U-Ausschuss. Dort verneinte er, mit Schmid darüber gesprochen zu haben, dass dieser Vorstand der ÖBAG werden könnte.

Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp forderte ebenfalls den Rücktritt Blümels, Kai Jan Krainer, SPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss, sieht in Kurz und Blümel die "Fädenzieher" der Postenbesetzung und schloss sich den Rücktrittsaufforderungen an Schmid an. Klaus Fürlinger, ÖVP-Mitglied im U-Ausschuss, bezeichnete indes die rote Kritik als "kaum an Heuchelei zu überbieten". Das ÖBAG-Gesetz sei auch mit den Stimmen der SPÖ beschlossen worden.

Wissen: Die ÖBAG~ Die Österreichische Beteiligungs AG, kurz ÖBAG, ist im Februar 2019 der damaligen ÖBIB gefolgt, der Österreichische Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH. Die ÖBAG verwaltet die Anteile des Staates an wichtigen börsenotierten Firmen wie OMV, Telekom Austria, Post und Verbund, sie managt ein Portfolio über 26 Milliarden Euro Staatsvermögen.

Die ÖBAG geht auf die Österreichische Industrieverwaltungs-GmbH (ÖIG) zurück, die im Jahr 1967 gegründet wurde. Bis dahin war die verstaatlichte Industrie direkt von der Regierung verwaltet worden, 1967 wurde diese Aufgabe dann der ÖIG treuhänderisch übertragen. Drei Jahre später wurde daraus die ÖIAG.

Erstmals an die Börse ging ein ÖIAG-Unternehmen im November 1987 (OMV). Weitere Privatisierungsschritte folgten, darunter Simmering-Graz-Pauker Verkehrstechnik (an Siemens Österreich), die VA Eisenbahnsysteme (VAE) und die Austria Mikro Systeme International (AMI, heute: ams).

Mit Antritt der schwarz-blauen Regierung 2000 wurde das ÖIAG-Gesetz novelliert und die vollständige Privatisierung etwa der Voestalpine abgeschlossen sowie weitere Privatisierungen vorangetrieben. Im Jahr 2003 erfolgte eine Präzisierung des Privatisierungsauftrags an die ÖIAG, unter Berücksichtigung eines österreichischen Aktionärskerns und der heimischen Standorte bei gleichzeitigem Ausschluss eines Verkaufs an einen strategischen Investor.

Über die Ausrichtung der Staatsholding wurde immer wieder politisch gestritten, auch die Auflösung (oder Aufwertung) stand mehrmals zur Diskussion.

Im Jänner 2015 war die ÖIAG Geschichte, ihr folgte, wie zu Beginn ihrer Historie, eine GmbH, nämlich die ÖBIB. Sie sollte eine "schlanke und schlagkräftige" Gesellschaft sein mit einem weisungsgebundenen Geschäftsführer und einem vierköpfigen Nominierungsbeirat für die Aufsichtsräte, die in die Beteiligungsunternehmen entsendet werden.

ÖBIB-Chefin wurde Martha Oberndorfer, die bis Juni 2018 die Geschäfte führte. Sie bewarb sich nicht mehr um eine weitere Amtsperiode. Zu einer echten Neubesetzung kam es dann nicht mehr, ein halbes Jahr später war die ÖBIB Geschichte.