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Öbag-Skandal vorerst ohne Folgen für Österreichs Kapitalmarkt

Von Karl Leban

Wirtschaft

Staatsholding-Chef Schmid, der für ein Vermögen von mehr als 26 Milliarden Euro verantwortlich ist, schweigt weiterhin.


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OMV, Verbund, Post und Telekom Austria - sie alle gelten als strategisch wichtige Beteiligungen der Republik Österreich. Als solche sind sie auch an Wiens Börse notiert. Dass diese vier Großkonzerne zum Portfolio der Beteiligungsholding Öbag gehören und damit unter staatlichem Einfluss stehen, sehen manche Investoren aber nicht unbedingt mit Wohlwollen. Die Affäre um Thomas Schmid, den Alleinvorstand der Öbag, dürfte die immer schon kritische Sicht dieser Anleger zumindest bestätigt, wenn nicht verschärft haben. Doch negative Auswirkungen auf den heimischen Kapitalmarkt (etwa in Form größerer Kursverluste bei den vier teilstaatlichen Aktientiteln) sind vorerst nicht sichtbar.

Florian Beckermann, Chef des Interessenverbandes für Anleger (IVA), spricht mit Blick auf die Öbag-Affäre, in der es um Postenschacher geht, von einer "gewissen Verwunderung unter den Marktteilnehmern - sowohl im In- als auch im Ausland". Ein Imageschaden für den österreichischen Kapitalmarkt sei zwar noch nicht auszumachen. "Hilfreich ist das alles aber auch nicht", sagt Beckermann im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Öbag-Chef auf Tauchstation

Schmid selbst war auch am Mittwoch auf Tauchstation. Nach wie vor gibt es von dem der ÖVP nahe stehenden Manager kein Statement zu den Vorwürfen. Eine diesbezügliche Anfrage der "Wiener Zeitung" im Öbag-Headquarter in der Kolingasse im 9. Wiener Gemeindebezirk blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

IVA-Chef Beckermann glaubt indes, dass die Öbag, die gut 26 Milliarden Euro an Staatsvermögen managt, "einen zweiten Vorstand braucht - und keine Emojis". Sein Argument: "Ein Alleinvorstand birgt grundsätzliche Gefahren, nicht nur in der Arbeitsbelastung, sondern vor allem auch im Konfliktfall, wie man jetzt sieht." Es brauche "gegenseitige Kontrolle und mindestens ein Vieraugenprinzip", betont Beckermann. "Die Vertrauensposition aller Steuerzahler im Öbag-Vorstand sollte daher mit einer weiteren, einer international erfahrenen Persönlichkeit, am besten einer Top-Managerin, ergänzt werden."

Aus Beckermanns Sicht hat Schmid "gute Elemente und einen frischen Ansatz zu Beginn seiner Tätigkeit in die Öbag gebracht". Umso mehr halte der IVA seine Kritik für gerechtfertigt. "Professionelle Aufsicht und strategische Steuerung unserer Top-Unternehmen wie OMV, Telekom Austria, Post und Verbund macht man nicht auf dem Niveau von Emojis (in den aufgetauchten Chats von Schmid, Anm. d. Red.)", erklärt Beckermann weiter.

Ähnlich wie der IVA-Präsident äußert sich Peter Pendl, Geschäftsführer der Wiener Personalberatungsfirma "Dr. Pendl & Dr. Piswanger GmbH" im ORF-Radio. Auch wenn zwei Vorstände mehr kosten und Entscheidungen möglicherweise länger dauern würden, sei das Vieraugenprinzip bei der Öbag jedenfalls zu bevorzugen, vor allem wegen ihres großen Portfolios. Detail am Rande: In der Chefetage der staatlichen Finanzmarktaufsicht etwa, in der es ebenfalls um eine sehr verantwortungsvolle Tätigkeit geht, gibt es dieses Vieraugenprinzip schon seit eh und je. Dort sitzen zwei Vorstände einander gegenüber.

FPÖ pocht auf Sondersitzung

Für die Freiheitlichen ist die Causa Schmid unterdessen Grund genug, eine Sondersitzung des Nationalrats zu beantragen. Man sei da bereits mit den anderen Oppositionsparteien im Gespräch, sagte die Klub-Vizechefin der FPÖ, Dagmar Belakowitsch, am Mittwoch. Zusätzlich kündigte sie Misstrauensanträge gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel (beide ÖVP) an. Nicht bewerten wollte die FPÖ-Politikerin hingegen, ob die in den Chats getätigten Aussagen strafrechtlich relevant seien. Das hätten die Gerichte zu klären. Es handle sich jedoch um ein "Sittenbild", Postenschacher sei auf der Tagesordnung gestanden, so Belakowitsch.

Bekannt wurde am Mittwoch auch, dass der Rückzug des früheren Raiffeisen-Top-Bankers Herbert Stepic aus dem OMV-Aufsichtsrat im Frühjahr 2016 offenbar auf politischen Druck erfolgt sein soll. Das berichtet die Tageszeitung "Der Standard" unter Hinweis auf Chatprotokolle zwischen Schmid, der damals noch Generalsekretär im Finanzministerium war, und Harald Mahrer (ÖVP). Der jetzige Wirtschaftskammer-Chef Mahrer saß damals im Nominierungskomitee der Öbag-Vorgängerin Öbib, das für die Entsendung oder die Abberufung von Aufsichtsräten zuständig war. Stepic stand vor fünf Jahren unter Verdacht, Steuern hinterzogen zu haben. Das Verfahren gegen ihn wurde im Mai 2016 eingestellt.