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Politstreit über den Budgetkurs. | Regierungsberater: USA könnten Zinsen nicht mehr bezahlen. | Folgen wären noch "katastrophaler als die Krise von 2008". | Washington/Wien. Eigentlich will US-Präsident Barack Obama erst Mitte Februar seinen Haushaltsentwurf vorlegen. Schon jetzt tobt aber ein Politstreit um das Budget: Konservative Republikaner wollen die Regierung mit ihrer neuen Stimmmacht im Kongress zwingen, keine neuen Schulden zu machen. Obamas oberster Wirtschaftsberater Austan Goolsbee warnt, die USA kämen paradoxerweise genau dadurch in die Situation, ihre Schulden nicht zurückzahlen zu können. Was einer Staatspleite gleichkäme. | Mittwoch beginnt für US-Präsidenten die schwere Zeit
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Anlass für Goolsbees Sorge ist, dass die Staatsschulden der USA gesetzlich mit 14,3 Billionen Dollar gedeckelt sind. Der Schuldenberg türmt sich schon jetzt auf mehr als 13,9 Billionen - die Obergrenze könnte im ersten oder zweiten Quartal 2011 überschritten werden.
"Der Schuldenplafond ist nichts, mit dem man herumscherzen sollte", sagte Goolsbee am Sonntagabend zum TV-Sender ABC. "Wenn wir die Obergrenze durchbrechen, können wir unseren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen - das hat es in der Geschichte der USA noch nie gegeben." Die Folgen für die Wirtschaft wären "katastrophal", die Konsequenzen könnten sogar die Finanzkrise von 2008 übertreffen.
Druck der Märkte steigt
Die Warnung hat politische Motive: Die Demokraten wollen ihre Gegenspieler zur Anhebung der Schuldengrenze bewegen - und drängen die Republikaner in die Rolle des Sündenbocks für Sparmaßnahmen.
Die Sorgen über eine Staatspleite sind aber nicht völlig an den Haaren herbeigezogen. Die USA stünden an einem historischen Wendepunkt, analysierte Roger Altman, unter Bill Clinton Vize-Finanzminister, im Fachmagazin "Foreign Affairs". Er sieht nur zwei Optionen: Entweder die Regierung bekommt den Haushalt selbst in den Griff und beendet ihre Schulden-Abhängigkeit. Oder die Finanzmärkte werden die USA dazu zwingen. Diese Erfahrung müssen hochverschuldete Euro-Länder wie Griechenland, Irland oder Portugal gerade machen. Diese fremdbestimmte Sanierung wäre der schmerzhaftere Weg.
Die Republikaner wollen die Staatsausgaben auf den Stand von 2008 zurückdrehen - mit Ausnahmen für die Pensionisten oder die Armee. Obama hat zwar angekündigt, ein Sparbudget vorzulegen, warnt aber vor Einschnitten bei der Bildung oder der Forschung.
Die Schuldendynamik der USA wurde durch die Krise und die Kosten für die Bankenrettung und Konjunkturpakete massiv verschärft, hatte sich aber bereits im vorangegangenen Jahrzehnt abgezeichnet.
Noch in den 1990ern mussten nämlich Mehrausgaben oder Steuerkürzungen budgetintern ausgeglichen werden. Mit dem politischen Auseinanderdriften der Parteien in der Ära von George W. Bush ging der Sparkonsens verloren, die Ausgaben stiegen rasant an. Neben den Kosten für das Gesundheitsprogramm Medicare und die Kriege in Afghanistan und Irak macht der Demokrat Altman vor allem die Steuererleichterungen der Regierung Bush von 2001 und 2003 für die Budgetlöcher und Schuldenexplosion verantwortlich.
Jetzt muss Obama im Kongress wieder kostspielige Kompromisse eingehen. Just auf Drängen der Republikaner wurden eben diese Steuerprivilegien für Superreiche Hand in Hand mit jenen für den Mittelstand verlängert.
Im Moment hilft den USA neben der Größe ihrer Volkswirtschaft vor allem der dominante Status des Dollar und der US-Staatsanleihen auf den globalen Finanzmärkten. Sollte China, der größte Gläubiger der USA, sein Engagement als Schuldenfinancier Nummer eins zurückschrauben, hätte das aber fatale Folgen.
Mittelfristig steigen mit den Schulden auch die Zinsen, selbst wenn die US-Notenbank Federal Reserve mit ihrem gigantischen Ankauf von Staatspapieren genau das verhindern will. Der Schuldendienst der USA wird unweigerlich teurer und der budgetäre Spielraum noch geringer.
Gute Erholung in Gefahr
Wenn neben den Unternehmen, Haushalten und Kommunen auch noch die Regierung beginnt, ihre Ausgaben zu kürzen, sind das freilich für die Wirtschaft keine rosigen Aussichten. Die Investitionsdelle käme just zu dem Zeitpunkt, an dem sich positive Signale mehren: Die Unternehmen erwarten bessere Geschäfte, was die Börsen beflügelt. Erste statistische Vorboten deuten auf ein Sinken der Arbeitslosigkeit hin, die sich bisher hartnäckig bei knapp 10 Prozent hielt.
Sogar der Häusermarkt, der das Finanzchaos auslöste, gibt Signale der Entspannung ab: Die Bauausgaben stiegen im November stärker als erwartet. Und Umfragen zufolge halten Investoren die USA nach ihrem mehrjährigem Absturz nun für den weltweit attraktivsten Immobilienmarkt.