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Obama einen kleinen Schritt voraus

Von Walter Hämmerle

Politik

Kassen erhalten statt 900 nur 600 Millionen Euro. | Kassen müssen bis 2013 1,7 Milliarden Euro einsparen. | Künftig mehr Geld für Strukturfonds. | Salzburg. Rasend freundlich war er nicht, der Empfang, den Salzburg der rot-schwarzen Regierung am Montagvormittag bereitete. Das regnerische Wetter machte deutlich, dass es mit dem Sommer endgültig vorbei ist. Die Mozartstadt selbst, ansonsten mit ihren prächtigen Barock-Bauten prunkend, zeigte sich von ihrer architektonisch deprimierenden Seite, liegt doch das Hotel, in dem die Regierung für zwei Tage ihre Bleibe hat, im wenig einladenden Bahnhofsviertel. | Mehr zum Thema: | Koalition hofft auf blaue Zustimmung | Analyse der Regierungsklausur


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Und schließlich wartete auch noch ein gutes Dutzend Milchbauern auf ihren Traktoren auf eine günstige Gelegenheit, ihren Zukunftssorgen Ausdruck zu verleihen. Bundeskanzler Werner Faymann setzte daraufhin diesen Punkt spontan auf die Tagesordnung der Regierungssitzung. Quasi noch vor Beginn gab es den ersten Sieger, das muss dieser Regierung erst einmal einer nach machen.

Pröll feierte seinen41. Geburtstag

Anzunehmen, dass der Kanzler ganz im Sinne seines Vize handelte, schließlich ist Josef Pröll schon von seiner Herkunft her genetisch prädisponierter Bauernbündler. Der Vizekanzler und Finanzminister hatte aber so Grund zur Freude, feierte er doch am Montag seinen 41. Geburtstag. "Schön, dass du ihn mit uns verbringst", begrüßte Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) ihren schwarzen Kollegen. Die lachende Reaktion Prölls ließ keinen Rückschluss zu, ob der ÖVP-Obmann ihn nicht vielleicht doch lieber anderswo gefeiert hätte. Und beim abendlichen Empfang in der Salzburger Residenz ließ man das Geburtstagskind gebührend hochleben.

Das Eintreffen der Minister zu Mittag in dem konkursbedrohten Hotel verlief professionell amikal. Unter den zahlreich angereisten Journalisten sorgte nur der Umstand für Verwunderung, dass bis zu Beginn der ersten Sitzung die konkrete Tagesordnung in Schwebe war. Eine Einigung bei Gesundheit und Kindergeld-Zuschuss stand bis dahin aus. Lediglich die Verschärfung des Asylrechts war bereits fertig akkordiert. Die SPÖ soll allerdings für ihre Zustimmung zu dem ÖVP-Begehren Entgegenkommen in anderen umstrittenen Fragen verlangt und auch erhalten haben. Welche, das behielten an diesem Tag beide Partner für sich.

Um das Kassenpaket kann es sich nicht gehandelt haben. Was nämlich Faymann und Pröll kurz vor 15 Uhr präsentierten, entsprach fast vollständig dem Forderungskatalog der ÖVP auf Kosten von Hauptverband und Gesundheitsminister Alois Stöger. Um diesen Maßnahmenmix zur Sanierung der finanziell angeschlagenen Krankenkassen war seit der letzten Klausur in Silian Anfang Februar heftigst gerungen worden. Dabei werden die großen Brocken einer Gesundheitsreform - Spitäler! - davon nicht einmal berührt.

Krankenkassen müssenEinsparungen vorweisen

Die präsentierte Einigung sieht nun vor, dass die von der Regierung zugesagten 600 Millionen Euro fließen können. 100 Millionen davon jedoch erst dann, wenn die von den Kassen angekündigten Einsparungen auch tatsächlich realisiert werden. Insgesamt sieht das Paket aus der Feder von Hauptverband und Ärztekammer ein Einsparvolumen auf Seiten der Kassen von 1,725 Milliarden Euro bis 2013 vor. Pröll war dieser Maßnahmenkatalog lange zu wenig konkret und nachvollziehbar, zudem wollten die Kassen ursprünglich 900 Millionen an versicherungsfremden Leistungen vom Finanzminister refundiert haben.

Neben den bereits als Soforthilfe ausbezahlten 50 Millionen setzen sich die zugesagten 600 Millionen wie folgt zusammen: Insgesamt 450 Millionen werden in drei Tranchen zu je 150 Millionen zur Schuldentilgung überwiesen, weitere 100 Millionen sind für einen Strukturfonds zugesagt. Diese sollen, aber erst bei Nachweis der Einsparungen fließen. Erreicht werden sollen diese unter anderem über eine geänderte Honorarordnung für Ärzte und kleinere Medikamentenpackungen. Für das Jahr 2010 sind 197 Millionen vorzuweisen, 361 Millionen für 2011, 510 Millionen für 2012 und schließlich 657 Millionen für 2013 (in Summer ergibt dies die 1,725 Milliarden).

Ungeklärt ist, wie es mit dem Strukturfonds nach Auszahlung der dotierten 100 Millionen Euro weitergehen wird. Pröll schloss eine weitere Dotierung bei Erfüllung der Sparziele nicht aus. Gegen den Fonds haben allerdings Vorarlberg und Oberösterreich vor dem Verfassungsgerichtshof geklagt; was passiert, wenn diese Recht erhalten sollten, ist völlig offen.

Auf Nachfrage schloss Faymann aus, dass die Einsparungen der Kassen durch Drehen an der Gebühren- oder Steuerschraube erfolgen könnten, Pröll betonte einmal mehr, dass Steuergelder nur fließen würden, wenn die Sparziele der Kassen auch nachprüfbar seien.

Vor allem der Kanzler machte aber auch deutlich, dass mit der nunmehr erzielten Einigung lediglich ein kleiner Schritt zu einer umfassenden und nachhaltigen Gesundheitsreform geschafft sei. US-Präsident Barack Obama sei nicht der Einzige, der mit diesem Unterfangen ordentlich zu kämpfen habe. Die große Koalition darf sich nunmehr dem großen Hoffnungsträger einen, wenn auch kleinen, Schritt voraus wissen.

Am Nachmittag präsentierten Innenministerin Maria Fekter und Verteidigungsminister Norbert Darabos die Einigung über eine Verschärfung des Asylrechts. Heute stehen der Kindergeld-Zuschuss sowie Einsparungen durch Verwaltungsmaßnahmen auf dem Programm.