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Obama feilt an einem Friedensplan

Von David Ignatius

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Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

Die USA sind auf der Suche nach einem neuen Plan zur Lösung des Nahost-Konflikts. Und der Präsident vertraut dabei auch der Kompetenz früherer Sicherheitsberater.


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US-Präsident Barack Obama zieht einen neuen Friedensplan zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts "ernsthaft in Betracht", wie mir zwei hochrangige Regierungsbeamte mitteilten. Dieser neue US-Nahost-Plan werde, sollte es tatsächlich zur Durchführung kommen, zu 90 Prozent auf früheren Verhandlungserfolgen aufbauen, was zum Beispiel die Grenzen betrifft, den Status von Jerusalem und das Recht auf Rückkehr für palästinensische Flüchtlinge.

Zudem soll dieser neue US-Friedensplan mit dem Thema Iran verknüpft werden. Obama will die Diskussion von der Auseinandersetzung um die israelischen Siedlungsaktivitäten und von Ost-Jerusalem wegbekommen und dafür Jordanien, Syrien und andere Länder in der Region miteinbeziehen. Die USA könnten es nicht länger zulassen, wurde mir erklärt, dass der israelisch-palästinensische Konflikt immer weiter gäre und dadurch dem Iran und anderen Extremisten eine Angriffsfläche geboten werde: "Als Weltmacht mit globaler Verantwortung müssen wir etwas dagegen unternehmen."

Der neue Plan beinhalte daher alles, was für Israels Sicherheit wichtig ist, ebenso alle Voraussetzungen für die Souveränität der Palästinenser. Das Weiße Haus plane nun ausführliche Gespräche zwischen allen beteiligten Behörden, um die neue Strategie herauszuarbeiten und um Konsens für sie zu finden. Die Vorgangsweise sei ähnlich wie bei der Überarbeitung der Afghanistan- und der Pakistan-Strategie. Daher werde der neue Nahost-Friedensplan wohl erst im Herbst spruchreif.

Interesse an einem neuen Friedensplan bestehe schon seit Monaten. Beschleunigend habe dann der Eklat während des Israel-Besuchs von US-Vizepräsident Joe Biden Anfang März gewirkt, als Israel neue Siedlungsaktivitäten in Ost-Jerusalem ankündigte. Seither versuchen die USA, den ausgetretenen Pfad der immer gleichen Diskussionen zu verlassen, um neue Wege zu suchen.

Bestärkt wurde diese Suche durch ein Treffen am 24. März, bei dem sechs frühere nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus zusammenkamen. Die Gruppe hatte sich schon vorher alle paar Monate privat getroffen, auf Anregung des jetzigen nationalen Sicherheitsberaters Jim Jones. Beim jüngsten Treffen im Weißen Haus unterhielt man sich wie immer über globale Themen, als plötzlich Präsident Obama hereinspazierte, um sich die Meinungen anzuhören.

Zuerst sprach Brent Scowcroft, nationaler Sicherheitsberater von Gerald Ford und George H. W. Bush. Er drängte auf eine neue Friedensinitiative, basierend auf bisher erzielten Übereinkommen. Zbigniew Brzezinski, nationaler Sicherheitsberater von Jimmy Carter, beschrieb einige Variablen einer solchen Strategie. Unterstützung erhielt der neue Plan von Sandy Berger und Colin Powell, den nationalen Sicherheitsberatern von Bill Clinton und Ronald Reagan.

Die Tatsache, dass Obama sich nun mit dem neuen Friedensplan zu beschäftigen beginnt, zeigt sein wachsendes Vertrauen in seinen Sicherheitsberater Jones, der an diesem neuen Ansatz schon seit einem Jahr arbeitet. Aber so diskussionsfreudig Obama ist, der Chefstratege ist und bleibt er. Sollte er sich tatsächlich für die neue Strategie entscheiden, würde das ein Anknüpfen an seine ambitionierte Rede in Kairo im Juni 2009 bedeuten.

In dieser Angelegenheit steht ein erbitterter Kampf bevor. Es gehe aber nicht entweder um den Nahost-Friedensprozess oder um den Iran, so ein Regierungsbeamter: "Man muss sich um beides kümmern."

Übersetzung: Redaktion