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Will US-Präsident Barack Obama für seine Partei vor den Kongresswahlen Anfang November das Ruder herumreißen, muss die US-Wirtschaft rasch ein besseres Stimmungsbild liefern. Aller Augen kleben wie gebannt an der Arbeitslosigkeit, die bei fast 10 Prozent wie einzementiert scheint.
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Was kann Obama tun? Sein Spielraum ist äußerst eng. Das Problem der Demokraten: Sie hatten versprochen, ihre expansive Wirtschaftspolitik würde den Absturz mildern und die Arbeitslosigkeit eindämmen. Damit ist die Krise zu Obamas Krise geworden, da helfen alle Hinweise auf die von den Republikanern geerbte Misswirtschaft samt Schuldenberg nichts. Gegen ein weiteres schuldenfinanziertes Konjunkturprogramm sprechen drei Gründe: Es wäre erstens grob fahrlässig, die Staatsschulden weiter explodieren zu lassen.
Es wäre zweitens politisches Harakiri: Die konservative Tea-Party zeiht Obama ohnehin großmächtiger "Big Government"-Pläne. In den USA gerät alles, was den Staatseinfluss vergrößert, umgehend unter "Sozialismus"-Verdacht - ein Totschlag-Argument.
Und drittens wäre fraglich, ob es den Konsum ankurbeln würde, sagt Michael Bräuninger vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut: "Schon die vorangegangenen defizitfinanzierten Programme waren kontraproduktiv, weil die Bevölkerung zukünftige Steuererhöhungen erwartete." Die US-Konsumenten sparten also das Geld, statt es auszugeben. Das wäre zwar langfristig das richtige Rezept für die hochgradig verschuldete US-Gesellschaft. Kurzfristig ist es aber Gift für die Erholung - und die steht aktuell auf der Kippe.
Jüngsten Ankündigungen zufolge dürfte Obama nun das Steuersystem umbauen, was auf eine Umverteilung von Reich nach Arm hinausläuft: Die unter George W. Bush beschlossenen Steuererleichterungen für Reiche werden auslaufen. Dafür könnten schlechter Verdienende entlastet werden, bei denen das Mehreinkommen eher in den Konsum fließt. Die Ironie dabei: Nach europäischen Gesichtspunkten ist diese Politik noch viel eher "sozialistisch".
Die USA haben neben der Arbeitslosigkeit eine weitere Schwachstelle: Der Häusermarkt erholt sich nicht und verschärft die private Verschuldungsproblematik. Die Frage ist letztlich: Wer schultert die durch die Hypothekenkrise aufgelaufenen Schulden: Die Hauskäufer? Dann bricht der Konsum ein. Die Banken? Dann folgen weitere Pleiten. Zuletzt wurde spekuliert, dass die US-Notenbank verbriefte Kreditkartenschulden oder Wohnbaukredite aufkaufen könnte - was höchst ungewöhnlich wäre.
Angesichts der geringen Inflationsgefahr wäre so ein Fed-Schritt sogar denkbar, sagt Bräuninger. Ein Ankauf von Kreditkarten- oder Hypothekarschulden würde den Markt aber "auch hochgradig verzerren und wäre ordnungspolitisch strikt abzulehnen - unter normalen Umständen". Aber normal sind die Umstände längst nicht mehr beziehungsweise noch lange nicht.