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Obama soll den Gipfel retten

Von WZ Online

Politik

Kopenhagen. Bei der UNO-Klimakonferenz in Kopenhagen wird wieder verhandelt. Nachdem die Meldungen aus der dänischen Hauptstadt am Donnerstagvormittag noch pessimistischer klangen und der Gipfel kurz vor dem Scheitern stand, wurden um 13.00 Uhr die Gespräche in zwei Verhandlungssträngen wieder aufgenommen.


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Ein entsprechender Vorschlag der EU sei von der Konferenz angenommen worden, teilte Umweltminister Niki Berlakovich (V) mit. Die Verhandlungen seien in einer "sehr, sehr ernsten Situation" angelangt. "Vieles ist ins Stocken geraten", sagte er.

China und USA müssen sich bewegen

Große Hoffnung wurde in das Eintreffen der Staats- und Regierungschefs aus mehr als 100 Ländern, allen voran US-Präsident Barack Obama, gesetzt. Vonseiten wichtiger Schwellenländer sei einfach das Gespräch verweigert worden, als die EU, Japan, Australien und USA in der Nacht auf Donnerstag versucht hätten, China, Indien und Brasilien an einen Tisch zu bekommen, erklärte Berlakovich. Sowohl China als auch die Vereinigten Staaten müssten sich bewegen, da beide bisher unzureichende Zugeständnisse vorgelegt hätten.

US-Außenministerin Hillary Clintons Ankündigung, in einen 100 Milliarden-Dollar-Topf (68,7 Mrd. Euro) für Klimaschutz in Entwicklungsländer einzuzahlen, sei eine "Minimalforderung". Es brauche am Ende der Verhandlungen ein rechtlich bindendes Abkommen, nicht nur eine politische Willenserklärung. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel lobte dennoch die Ankündigung als entscheidenden Schritt nach vorn und forderte weitere Beiträge.

Bundeskanzler Werner Faymann (S) betonte seine Hoffnungen auf das Eintreffen von Obama: Wenn dieser zu den finanziellen Hilfen der USA am Freitag "ein konkretes Angebot" auf den Tisch lege, werde dies wohl eine "Sogwirkung" haben, meinte der Kanzler. Er bezeichnete Clintons Ankündigung für Ausgleichszahlungen an ärmere Länder als "guten Anfang". Faymann schloss sich dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy an, der gemeint habe, "wir sind die letzte Generation, die das entscheiden kann". Man habe jetzt keine Zeit mehr zu verlieren, erklärte er. Das EU-Ziel, bis 2020 eine 20-prozentige Reduktion von Treibhausgasen zu erreichen, stehe. "Wenn es gelingt, mit anderen etwas zustande zu bringen, dann werden wir auf 30 Prozent erhöhen."

Zwei Verhandlungssträne

Den Vorsitz über die beiden neuen Verhandlungsstränge hat die dänische Klimaministerin Connie Hedegaard inne. Sie hatte erst gestern die Leitung der Klimakonferenz zurückgelegt und an Regierungschef Lars Lokke Rasmussen übergeben. Offen waren vorerst immer noch vier Kernfragen: Neben dem Fonds für die Entwicklungsländer blieb strittig, in welcher Größenordnung die Industriestaaten ihren CO2-Ausstoß begrenzen würden. Ferner herrschte noch keine Einigkeit, wie die künftigen Treibhausgasemissionen in Schwellen- und Entwicklungsländern überwacht werden und welche Rechtsform neue Vereinbarungen haben sollen. Dänemark hat Verhandlungskreisen zufolge 16 Arbeitsgruppen einberufen, um die inhaltlichen Streitpunkte zu klären.

Am Mittwochabend waren die offiziellen Verhandlungen zunächst ausgesetzt, gegen 22.00 Uhr noch einmal kurz aufgenommen und dann auf Donnerstag vertagt worden. Danach hatte sich bis Mittag zunehmend Pessimismus breitgemacht. Merkel sagte kurz vor ihrer Abreise nach Kopenhagen in einer Regierungserklärung, ein Scheitern der Konferenz sei nicht mehr auszuschließen. Gastgeber Dänemark ließ ebenfalls durchblicken, dass kaum noch Chancen für einen Durchbruch bestünden. Möglicherweise abgesagt wird laut der Zeitung "Jyllands-Posten" das für Donnerstagabend geplante Essen der 120 Staats- und Regierungschefs mit Dänemarks Königin Margrethe II., für den Fall dass mehr Zeit für Klima-Verhandlungen nötig sein sollten.

Unter anderem Merkel, Clinton und der britische Premierminister Gordon Brown führten am Donnerstag Sondierungsgespräche um bis Freitag zu einer Einigung vor allem mit den großen Schwellenländern China, Indien, Brasilien und Südafrika zu erzielen. Merkel appellierte am Donnerstag an die USA, weitergehende Zusagen zu machen. Die EU stehe zu ihrem Angebot, die Emissionen bis 2020 um 20 Prozent zu reduzieren, und 30 Prozent seien möglich, wenn andere Staaten mitmachten. Das Angebot der USA von minus vier Prozent sei "nicht ambitioniert genug", so Merkel in ihrer Regierungserklärung. Die Kanzlerin kündigte zugleich an, Deutschland werde seinen fairen Anteil daran übernehmen, Entwicklungsländern ab 2020 pro Jahr 100 Milliarden Euro für die Bewältigung von Klimafolgen zur Verfügung zu stellen.