US-Präsident Barack Obama soll Russland angeboten haben, auf den US-Raketenschild in Osteuropa zu verzichten, wenn Moskau im Gegenzug auf den Iran einwirkt, von dessen Atomprogramm zu lassen. Das berichtet zumindest die renommierte "New York Times". | Auch wenn der Kreml den Vorstoß bereits als "nicht produktiv" abgelehnt hat: Sicher ist, dass die
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Obama-Administration das kombinierte Radar-RaketenProjekt in Tschechien und Polen mit weit weniger Enthusiasmus als die Vorgängerregierung unter George W. Bush verfolgen wird. US-Sicherheitsberater James Jones hat bereits publik gemacht, dass der Schild, der iranische Atomraketen am Weiterflug hindern soll, einer gründlichen Überprüfung unterzogen wird.
Warum? Da ist zum einen der finanzielle Aspekt. Eine Atomkopf-bewehrte Rakete vom Himmel zu holen erfordert komplizierteste Technologie - von der nicht immer klar ist, ob sie auch funktioniert, die aber mit Sicherheit enorme Summen verschlingt. Geld, das die USA in Zeiten der Wirtschaftskrise nicht haben. Das Budgetdefizit erreicht schwindelerregende Höhen, und Obama hat den US-Bürgern diverse kostspielige Reformen versprochen.
Zum zweiten will Obama explizit den Dialog dort suchen, wo sein Amtsvorgänger, ohne viel zu fragen, Fakten geschaffen hat. Die neue US-Regierung hat sich vorgenommen, stärker auf die EU zu hören, die Europäer aber auch stärker in die Pflicht zu nehmen. Mit dem Iran will man verhandeln - warum also sollte der neue Hoffnungsträger im Weißen Haus nicht auch versuchen, die zuletzt sehr schlechten Beziehungen zu Moskau auf ein neues Fundament zu stellen?
Der Raketenschild in Osteuropa steht derartigen Bemühungen im Weg, er ist für den Kreml eine Provokation, wird als Bedrohung wahrgenommen. Beteuerungen der Bush-Administration, der Abwehrschild sei nicht gegen Russland gerichtet, fruchteten in der Vergangenheit nichts.
Wenn Obama mit Russland, das immer noch ein führender Global Player ist, künftig in wichtigen Fragen zusammenarbeiten möchte, tut er gut daran, das Projekt auf Eis zu legen. Die Proteste Tschechiens und Polens - zweier Länder, die von dem Schild zunächst nicht sehr angetan waren und die ihn jetzt offenbar unbedingt haben wollen - wird Obama bei seinen strategischen Überlegungen kaum berücksichtigen können.
Zudem fügt sich die derzeitige Entwicklung nahtlos in einen Zyklus ein, der beobachtbar ist, seit Ronald Reagan mit SDI zum Krieg der Sterne rüstete: Die USA investierten bis 1988 insgesamt 29 Milliarden Dollar in einen kolossalen Abwehrschild, nach dem Kollaps des Kommunismus wurde das Projekt mehr oder weniger auf Eis gelegt - bis zur vorläufig letzten Renaissance unter Bush.