Zum Hauptinhalt springen

Obama wandelt auf Bushs Spuren

Von WZ-Korrespondent John Dyer

Politik

"Geheimdienst hat desaströs versagt." | Ohnmachtsgefühl macht sich breit. | Boston. Präsident Barack Obama hat mit einer Tradition des Weißen Hauses gebrochen und erstmals Fotos von der Tagung seines Sicherheitskabinetts zur Veröffentlichung freigegeben. Sie zeigen einen Präsidenten am Kopfende eines langen Tisches, der offensichtlich verärgert über die Chefs der versammelten 16 nationalen Geheimdienste und andere Sicherheitsbeamte ist, die den Anschlagsversuch auf ein Flugzeug am Weihnachtstag nicht im Vorfeld verhindert haben.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

"Das war ein Fehlschlag, der katastrophal hätte enden können", sagte Obama in der Sitzung hinter verschlossenen Türen, hieß es in einer Erklärung des Weißen Hauses. "Wir sind nur knapp einer Kugel ausgewichen. Es wurde verhindert durch tapfere Personen, nicht, weil das System funktioniert hätte. Und das ist nicht akzeptabel."

In den Amerikanern kamen bei dieser Berichterstattung Erinnerungen hoch. Obama wirkte wie der frühere Präsident George w. Bush, der Wert darauf legte, sich als Oberkommandierender in Szene zu setzen. Dieser öffentliche Auftritt spiegelt auch andere Ähnlichkeiten zwischen Obama und seinem unbeliebten Vorgänger in der Reaktion auf den Terror wider.

Späte Reaktion

Nach dem fehlgeschlagenen Terroranschlag im Flugzeug blieb Obama zunächst noch drei Tage lang in den Ferien in Hawaii und gab keine öffentliche Erklärung zu dem Vorfall ab. Aber wie Bush, dem vorgeworfen worden war, dass er erst nach einigen Tagen zum Ort des New Yorker Anschlags im September 2001 kam, hat Obama erkannt, dass die Amerikaner einen Präsidenten wollen, der entschieden handelt und den Eindruck von Sicherheit vermittelt.

Inzwischen ist Obama fünf Mal im Fernsehen aufgetreten, um der Öffentlichkeit Erklärungen zum Versagen der Sicherheitsvorkehrungen abzugeben. Wichtiger scheint, dass Obama im Umgang mit der terroristischen Bedrohung auf Praktiken zurückgreift, die stark an Bush erinnern. Der erste schwarze Präsident der USA hat die Rassenzugehörigkeit als Kriterium des "Profiling", der Tätersuche, eingeführt. Er hat angeordnet, dass Bürger aus zwölf - meist moslemischen - Ländern bei der Einreise in die USA einer besonderen Überprüfung unterzogen werden.

Der Anschlag auf eine CIA-Station in Afghanistan, bei der sieben Beamte und ein jordanischer Doppelagent getötet wurden, lässt jetzt bei Obama wie einst bei Bush das Gefühl entstehen, dass die USA den neuen Herausforderungen nicht gewachsen seien, obwohl Milliarden für Sicherheit, Spionage und Militär ausgegeben werden.