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Obamas Polit-Linie in Zahlen

Von Stefan Melichar

Analysen

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Man wird noch träumen dürfen: US-Präsident Barack Obama hat diese Woche sein Budget für das Haushaltsjahr 2013 (ab 1. Oktober 2012) vorgelegt. Angesichts des laufenden Wahlkampfes hat er dabei offensichtlich keinen Gedanken an die realpolitische Umsetzbarkeit verschwendet, sondern einfach seine Polit-Linie für den Wettlauf ums Weiße Haus eins zu eins in Zahlen gegossen. Das bedeutet: weniger Geld für Verteidigung, höhere Steuern für Besserverdiener, die Ölindustrie und Banken, Investitionen in die Infrastruktur sowie Mehrausgaben für den Arbeitsmarkt und die Bildung. In Kraft treten dürfte freilich kaum etwas davon.

Was Einsparungen anbelangt, sind Obamas Trumpf-Asse der Rückzug der US-Armee aus dem Irak und der laufende Truppenabzug aus Afghanistan. Angesichts der Kriegsmüdigkeit hofft der Präsident auf Rückhalt in der Bevölkerung, wenn er dem Verteidigungsministerium bis 2021 Kürzungen von insgesamt 487 Milliarden Dollar abverlangt.

Während in Europa - angesichts der Staatsschuldenkrise - derartige Einsparungen sofort zur Budgetkonsolidierung herangezogen würden, will Obama jedoch auf der anderen Seite mit einem Infrastrukturprogramm von 476 Milliarden Dollar über die nächsten sechs Jahre die Wirtschaft ankurbeln. Dazu kommen zahlreiche weitere milliardenschwere Maßnahmen, um die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern.

Große Einnahmequelle für den Staat sollen - geht es nach dem US-Präsidenten - Besserverdiener sein: Aus einer Einkommensteuerreform hofft Obama auf rund 1500 Milliarden Dollar über die kommenden zehn Jahre. Kernanliegen ist dabei die Streichung von Steuererleichterungen für Haushalte, die mehr als 250.000 Dollar im Jahr verdienen. Darüber hinaus sollen Finanzinstitute über das nächste Jahrzehnt insgesamt 61 Milliarden Dollar abliefern - als Ausgleich für die in der Krise erhaltenen Staatshilfen.

Zahlreiche Elemente in Obamas Haushaltsplan sind für die Republikaner - die über die Mehrheit im Abgeordnetenhaus verfügen - rote Tücher. Auch wenn das Budget also zu einem beträchtlichen Teil als Wahlkampfshow zu verstehen ist, steht eines jedenfalls fest: Von einer intensiven Haushaltskonsolidierung, wie sie zahlreiche europäische Staaten zuletzt in Angriff genommen haben, bleiben die USA weit entfernt. Obama würde sich damit begnügen, bis 2018 das Staatsdefizit auf unter drei Prozent zu senken. (Zum Vergleich: Österreich peilt mittlerweile bis 2016 ein Defizit von beinahe null Prozent an.) Bis 2022 würden die USA - dem Budgetpfad des Präsidenten folgend - gar um 6700 Milliarden Dollar mehr ausgeben als einnehmen.