Ob in Österreich die Wiederbelebung der Bahn gelingt, bezweifelt der scheidende Schienenregulator Gerhard Fuhrmann. Die ÖBB-Reform, die das Unternehmen in 10 Gesellschaften teilt, sei für die Koordination äußerst ungünstig. Den ÖBB drohe wegen der hohen Schulden ein Finanzierungsdesaster. Außerdem werde durch die sukzessive Anhebung der Schienenmaut das Bahnfahren nochmals teurer und damit unattraktiver.
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Gerhard Fuhrmann, der der SPÖ nahe steht, war fünf Jahre Geschäftsführer der Schienen Control GmbH (SCG). In dieser Funktion wird er ab Februar ersetzt vom Klubobmann der FPÖ in Wien Innere Stadt und SCG-Aufsichtsrat, Georg Fürnkranz.
Schon während seiner Amtszeit hat Fuhrmann vor den Folgen der ÖBB-Teilung gewarnt, dies tat auch in seiner gestrigen Abschiedspressekonferenz. Grundübel der ÖBB sei seit dem Abgang von Generaldirektor Helmut Draxler die fehlende Strategie, analysierst der Verkehrsexperte. Statt der Strukturreform hätte sich die Bahn neu orientieren und die Märkte in den neuen EU-Mitgliedern bearbeiten müssen. Doch dies wurde wegen der internen Debatten und der damit einhergehenden Lähmung verabsäumt. "Das wurde viel Zeit verloren," so Fuhrmann.
Die Bahn als große Fabrik zu sehen, hält er für einen fundamentalen Irrtum. "Es handelt sich um ein komplexes, vernetztes System." Mit der neuen Struktur (unter der Holding AG sind Personenverkehr AG und Güterverkehr AG, Infrastruktur Betrieb AG und Bau AG sowie fünf GesmbH für Dienstleistung, Immobilien, Traktion, Technische Services und die Brenner Eisenbahn) seien keine Marktanteile zu gewinnen. Zu erwarten sei, dass jede Gesellschaft versuchen wird, Kosten auf die andere abzuwälzen. Das werde sich bei jeder Entscheidung auswirken. Dadurch könnten noch nicht abschätzbare Kosten entstehen. Problematisch ist laut Fuhrmann auch, dass die Eröffnungsbilanzen der Gesellschaften noch immer nicht erstellt werden konnten.
Den EU-Regeln zufolge hätten die ÖBB saniert und entschuldet werden sollen. Doch davon könne keine Rede sein. Der Regulator sieht die ÖBB ins Schuldenschlamassel driften, da sie "mit 6 Mrd. Euro Schulden starten" müssen. "Die Zinslast ist enorm, pro Jahr kommen 800 Mio. Euro an Verbindlichkeiten dazu."
Fuhrmann geht davon aus, dass das Unternehmen in den nächsten vier Jahren wegen der Finanzierungsprobleme wieder 10 Mrd. Euro Schulden angehäuft hat. "Und dann wird die öffentliche Zustimmung für die Bahn weiter sinken." Dass die Finanzierung der Infrastruktur nur einem Unternehmen aufgebürdet wird, sei auf Dauer nicht tragbar. Fuhrmann vergleicht die Schiene mit der Straße: "Das wäre dasselbe, als müsste der größte Frächter die Kosten für den Straßenbau berappen und hätte die Schulden dafür in der Bilanz ausgewiesen."
Für eine unglückliche Lösung hält Fuhrmann auch die konzeptionell schwache ÖBB-Holding, sie hat keine Durchgriffsmöglichkeiten auf die AGs, obendrein sind Planung und Finanzen allein in der Bau AG angesiedelt. Er wünscht dem neuen Holding-Chef Martin Huber allerdings viel Glück und, "dass er ein starker Vorstand wird".