Personenverkehr auch bei Krise stabil. | Bahn spürt von der Kreditkrise bei der Platzierung von Anleihen nichts. | Struktur der ÖBB wird umgekrempelt. | "Wiener Zeitung": Wie wirkt sich die Wirtschaftskrise auf die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) aus? Sehen Sie sich als Profiteur oder als Betroffener?
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Peter Klugar: Die schwächere Wirtschaftslage ist für alle Unternehmen ein Nachteil. Insbesondere im Güterverkehr schauen wir uns sehr genau an, wie sich die unterschiedlichen Teilmärkte entwickeln. Das Geschäft im Güterverkehr schwankt viel stärker mit der Konjunktur als der Personenverkehr. Zum Beispiel können uns die Probleme der heimischen Autozulieferer nicht egal sein.
Wie entwickelt sich der Personenverkehr?
Durch die Preissteigerungen bei Benzin und Diesel steigen die Menschen vom Auto auf die Bahn um. Im ersten Halbjahr hatten wir im Nahverkehr um rund zwölf Prozent mehr Fahrgäste, im Fernverkehr rund sieben Prozent mehr.
Wenn sich die Wirtschaftslage weiter verschlechtert, dann gibt es bald mehr Arbeitslose. Wenn die Menschen keine Arbeit mehr haben, fallen sie aber auch als Pendler für die ÖBB aus.. .
Man sollte da nicht zu schwarz malen.
Wie beurteilen Sie die Rolle von Staatsunternehmen und des Staates vor dem Hintergrund der Kreditkrise?
Der Staat hat jetzt eine beachtliche Stellung, um die Krise zu bewältigen. Aber dabei geht es nicht um eine neue Staatswirtschaft, sondern um die Festlegung von Spielregeln. Man sollte vermeiden, dass das Pendel zu stark in Richtung Staat ausschlägt.
Dass Banken selektiver Kredite vergeben, ist in aller Munde. Spüren Sie die Kreditklemme bei Finanzierungen?
Nein, es läuft alles normal weiter. Erst vor vierzehn Tagen haben wir eine Anleihe in der Höhe von rund einer Milliarde Euro platziert. Aber sicher kommt der Bahn da zugute, dass sie im Eigentum des Staates steht.
Wie hoch ist der Rückstellungsbedarf bei den schief gelaufenen Swap-Geschäften mit der Deutschen Bank, bei denen auch ein Gerichtsverfahren anhängig ist?
Der Kurswert, der für die Rückstellungen relevant ist, schwankt ständig. Die ÖBB beobachten gemeinsam mit Experten die ganze Zeit alle Handlungsmöglichkeiten.
Im Konjunkturpaket der Regierung spielt der Infrastrukturausbau eine wichtige Rolle. Werden hier Bahnprojekte vorgezogen oder neue Projekte erfunden?
Wir ziehen fast ausschließlich Projekte vor. In erster Linie geht es um die Beseitigung von Langsamfahrstellen und um die Bahnhofsoffensive. Zum Beispiel die Bahnhöfe Melk, Attnang-Puchheim oder Graz. Die Investitionen fließen hauptsächlich in die bestehende Infrastruktur.
Wie geht es bei der Neuorganisation der ÖBB weiter?
Die Zusammenführung der beiden Infrastrukturgesellschaften der Bahn, Infrastruktur Bau und Infrastruktur Betrieb, ist vorbereitet. Ich bin froh, dass alle Vorstände und Aufsichtsräte letztlich dafür waren. Denn Teamwork ist uns wichtig.
Was geschieht mit der bisherigen ÖBB-Dienstleistungsgesellschaft (ÖBB-DLG)?
Die Rollen der DLG werden entflochten. Die strategischen Aufgaben der DLG kommen in die Holding, die echten Dienstleistungsagenden in die neue Gesellschaft Shared Services. Was man am besten in den Teil-AGs macht, wird dort angesiedelt, etwa die Personalagenden. Personalentscheidungen werden künftig von den Teil-AGs allein gemacht. Den Rahmen wird jedoch die Holding vorgeben.
Was bedeutet das im Detail?
Wenn jemand eine Gehaltserhöhung bekommt, dann fällt die Entscheidung im Personenverkehr, im Güterverkehr oder in den Infrastrukturgesellschaften. Allerdings wird es Vorgaben von der Holding geben, innerhalb welcher Bandbreite die Gehälter schwanken dürfen.
Apropos Personal: Kürzlich müsste der ÖBB-Holding die Klage von Ex-Bahn-Chef Martin Huber zugestellt worden sein, er fordert mehr als 800.000 Euro von der Bahn. Wie geht es Ihnen dabei?
Das ist bedauerlich, wir prüfen die Sache sehr genau. Ansonsten gebe ich dazu keinen Kommentar ab.