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ÖBB-Konflikt spitzt sich weiter zu

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Zwischen ÖBB-Vorstand und Eisenbahnergewerkschaft (GdE) ist die Eiszeit ausgebrochen. War bis vor ein paar Monaten noch eine Gesprächsbasis vorhanden, so gibt es diese seit dem Meinungsschwenk des Vorstands zugunsten der ÖBB-Reform nicht mehr. Die Gewerkschaft ist über den Meinungswechsel vergrämt, sie hoffte auf mehr Rückendeckung. ÖBB-Vorstandsvorsitzender Rüdiger vorm Walde zeigte sich gestern verständnislos: "Ich weiß nicht, warum die streiken."


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"Ich halte nichts davon, Konflikte auf dem Rücken der Kundschaft auszutragen," erklärte vorm Walde im Ö1-"Mittagsjournal". Die Gewerkschaft habe den Termin "völlig falsch gewählt". Der Vorstand, schon gänzlich auf die Reformlinie der Regierung getrimmt: "Wir haben uns mit der Regierung, die auch dialogbereit ist, sachbezogen außerordentlich stark annähern können." Das neue Dienstrecht sei Sache der Regierung und Gewerkschaft, in dieses will sich der Vorstand nicht einmischen.

Manche ÖBB-Mitarbeiter können nicht verstehen, warum der Generaldirektor plötzlich kein Verständnis für den Arbeitskampf hat, wo er noch vor Monaten selbst gegen die Reform und damit die Teilung des Unternehmens gewettert hatte.

Immerhin werde das Unternehmen zerteilt und dadurch der Verwaltungsapparat noch mehr aufgebläht. "Für die Holdinggesellschaft und die vier Aktiengesellschaften und die Personalmanagement GesmbH müssten mindestens je zwei Vorstände bestellt werden. Da gibt es noch eine Menge Aufsichtsratsposten zu vergeben, die alle zwischen den Schwarzen und Blauen aufgeteilt werden," meint ein Zugbegleiter im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Doch die in den oberen Etagen sind ja politisch ferngesteuert und können nicht sagen, was sie wirklich wollen. Das ändert sich auch von Mal zu Mal." Außerdem gelte es für die Vorstände, den eigenen Kopf zu retten, damit man zumindest in der schwachen Holding gut versorgt unterkommt.

Dass vorm Walde sich beim Dienstrecht abputzt, will den Streikenden ebenfalls nicht gefallen. Es gehe hierbei um den Eingriff in Privatverträge, wie sie auch die vier ÖBB-Direktoren haben. Diese würden sich genauso gegen einseitige Vertragsänderungen wehren.

Den Schaden für das Unternehmen durch den Warnstreik beziffert die ÖBB-Führung nach ersten Schätzungen mit 2,3 Mill. Euro. Schadenersatzforderungen an die Gewerkschaft wird es neben der Nichtbezahlung der Gehälter womöglich auch noch geben. "Wir erwarten eine solche Forderung mit Interesse. Insbesondere das Rollenspiel der einzelnen Mitglieder des Vorstands würde dadurch ans Tageslicht kommen", sagt der GdE-Vorsitzende Wilhelm Haberzettl. Für die wegen des Streiktages einbehaltenen Gehälter von rund 2,8 Mill. Euro wird bis zu 60% der ÖGB-Streikfonds einspringen.

Ob der Warnstreik Bewegung in die weiteren Verhandlungen bringt, ist auszuschließen. Eher zeichnet sich ab, dass sich die Fronten verhärten. Nach Ablauf der Frist um 12 Uhr Mittag gab es einen verbalen Schlagabtausch zwischen Regierung und Gewerkschaft. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel betonte via Aussendung, dass es notwendig sei, das Unternehmen kundenorientiert zu gestalten: "Ich habe kein Verständnis dafür, dass manche Gewerkschaftsfunktionäre ihre Machtspiele auf dem Rücken von hunderttausenden Pendlern und Kunden betreiben." Der Kanzler fordert die Gewerkschaft auf, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Doch auch er weiß, dass diese Aufforderung vorläufig ins Leere geht. Zu weit sind die Positionen voneinander entfernt.

Haberzettl ist über den "mustergültigen Streik, der lückenlos eingehalten wurde" hocherfreut. Gestärkt durch das Verhalten der Belegschaft verkündete er, dass das Ende des Konflikts noch nicht absehbar sei und drohte mit weiteren Streiks.

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