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Die ÖBB brauchen Geld. Martin Huber, Vorstand der ÖBB-Holding, sucht nach kreativen Lösungen um die Erträge des Unternehmens zu steigern. Er will deshalb eine Baugesellschaft gründen und mit dieser auf den freien Markt gehen. Das Personal wird aus der Betriebsgesellschaft abgezogen, in der laut Huber 8.000 bis 10.000 Mitarbeiter sind. Als Auftraggeber käme unter anderem die öffentliche Hand in Frage.
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Huber lenkt erst seit 22 Tagen die Geschicke der ÖBB-Holding. Zum Seminar der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft am Semmering kam er gemeinsam mit Eisenbahner-Gewerkschaftschef (GdE) Wilhelm Haberzettl im Auto angereist. In vielen Punkten waren die beiden einer Meinung, außer in Fragen des Personalabbaus.
Ein neues Projekt des ehemaligen Vorstandsmitglieds des Bauriesen Porr ist die Gründung einer Baugesellschaft Mitte nächsten Jahres. 20 bis 40% des Personals der Betriebsgesellschaft, also maximal 4.000 Arbeiter, könnten in die neue Gesellschaft ausgegliedert werden. Damit die Instandhaltung der Infrastruktur gewährleistet bleibt, soll das Personal flexibel auch der BetriebsAG zur Verfügung stehen. Dass die ÖBB damit ein Konkurrent der Bauindustrie wird, stört den ÖBB-Chef nicht: "Ich kann nicht auf alles Rücksicht nehmen."
Doch beim Anbieten von Bauleistungen will es Huber, nicht belassen. "Denn die ÖBB als großer Immobilienbesitzer braucht ein schlagkräftiges Facility-Management". Auch dafür soll eine Gesellschaft gegründet werden. Der ÖBB gehören 26.000 Liegenschaften mit 220 Mio. Quadratmetern, davon haben 60 Mio. keine Relevanz für den Bahnbetrieb. "Der Immobilienbereich war nicht optimal bewirtschaftet." Mit diesem Seitenhieb gegen seinen Vorgänger Rüdiger vorm Walde, will Huber bevorstehende Veränderungen rechtfertigen. Klare Strukturen sollen hier die Erträge steigern. Bei so viel Eigenleistung täte sich der Finanzminister künftig schwer, Geld zu verweigern, lautet die Hoffnung des Neo-Vorstandes.
Außerdem will Huber die Westbahn rascher als geplant, noch 2005, ausbauen. Die Fahrzeit zwischen Wien und Salzburg soll sich auf zweieinhalb Stunden verkürzen.
Wenig Freude bereiten Huber die Bahnhöfe. Vor allem Wien-Mitte sei "unzumutbar". Sollte die Überbauung nicht in den nächsten Monaten starten, würden die ÖBB eingreifen und mit der Sanierung des Bahnhofes beginnen.
Sorge um Infrastruktur
Sorgen um die Bahninfrastruktur macht sich auch Haberzettl: "Das Bahnnetz kann ab 2006 nicht mehr in gewohnter Qualität erhalten werden." Es gehe um 230 Mio. Euro, die jährlich vom Bund für die Instandhaltung bezahlt werden. Doch ab 2006 gehe es mit diesem Zuschuss rapide bergab, erklärt Haberzettl auf Anfrage der "Wiener Zeitung". Ab 2009 gebe es fast nichts mehr. "Damit sind 3.500 Arbeitsplätze und die Qualität der Fahrwege gefährdet."
Von geplanten Frühpensionierungen hält der Gewerkschaftsvorsitzende nichts, dafür kämen nur 534 "verfügbar gemeldete Bedienstete" in Frage. Erst müssten die ÖBB ihre strategische Ausrichtung definieren. Huber will jedoch, trotz ablehnender Signale von Politik und Gewerkschaft an dieser Methode des Personalabbaus festhalten.