Die Deutsche Bank braucht die Cashcow Investmentbanking in Zeiten enormer Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten.
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Frankfurt/Wien. "Die Banken müssen nach der Finanzkrise das Vertrauen der Gesellschaft wieder zurückgewinnen. Das betrifft die Deutsche Bank genauso wie die gesamte Branche." Dies sagte kein Vertreter einer globalisierungskritischen NGO, sondern Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank im Mai. Die Aktionäre dankten dem möglicherweise bald unter Anklage stehenden 65-Jährigen damals mit spontanem Applaus. Fitschen und sein Co Anshu Jain propagieren seit ihrer Inthronisierung vor zwei Jahren den Kulturwandel von Europas fünftgrößtem Kreditinstitut gemessen an der Bilanzsumme.
Auf der Webseite der Deutschen Bank prangen zwar Unternehmenswerte wie Integrität und nachhaltige Leistung. Gleichzeitig ist das seit Ausbruch der Finanzkrise hochumstrittene Investmentbanking nach wie vor tragende Säule des Konzerns. Alleine im zweiten Quartal 2014 lieferte es 885 Millionen Euro Gewinn vor Steuern ab, 17 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Damit sorgte der Handel mit Wertpapieren, Börsengängen, Unternehmensaufkäufen und der Finanzierung von Staatsanleihen für den Löwenanteil des Vorsteuergewinns von 917 Millionen Euro von April bis Juni.
Zwar schreibt auch die hauseigene Vermögensverwaltung nach Umbaumaßnahmen wieder satte Gewinne, kommt aber mit einem Vorsteuergewinn von 204 Millionen Euro nicht annähernd an die Investmentbanker heran. Ganz zu schweigen vom Privatkundengeschäft, dessen Ergebnis um mehr als ein Fünftel einknickte.
Will die Deutsche Bank jene "globale Universalbank" sein, die Jain und Fitschen anstreben, kann sie schlicht nicht auf das Investmentbanking verzichten. Sie muss zähneknirschend schlucken, dass in der Welt der "Smart Guys" in Frankfurt, New York oder London weiterhin obszön hohe Boni die Regel sind. Laut Klaus Nieding von der Aktionärsvereinigung DSW haben die Investmentbanker der Deutschen Bank im vergangenen Jahr 4,5 Milliarden Euro verdient, davon 2,1 Milliarden als Bonus.
Im Schatten der "Goldmänner"
Welch finanzielles Potenzial im Investmentbanking steckt, zeigt ein Blick auf die Fusionen und Übernahmen im heurigen ersten Halbjahr. Die Deutsche Bank hat dabei sogenannte Mergers&Acquisitions-Deals im Wert von 154 Milliarden Dollar (115 Milliarden Euro) betreut. Damit liegt sie jedoch nur auf Rang neun; bei Krösus Goldman Sachs waren es hingegen 534 Milliarden Dollar (399 Milliarden Euro). Im Investmentbanking dominieren die US-Institute.
In Zeiten enormer Rückstellungen sind der Deutschen Bank die Gewinne der Investmentbanker wichtiger als Diskussionen über die Verhältnismäßigkeit von Gehalt und Boni. Denn mit jedem Quartal steigen die Rückstellungen der Bank für mittlerweile rund 6000 Rechtsstreitigkeiten. Auf 2,2 Milliarden Euro belaufen sich diese mittlerweile. Weitere 3,2 Milliarden, für die die Frankfurter noch keine Vorsorge in der Bilanz getroffen haben, könnten folgen. Der Aktienkurs kennt daher seit Jahresanfang nur eine Richtung: talwärts, von 37,5 Euro Mitte Jänner auf mittlerweile rund 25 Euro.